© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/21 / 20. August 2021

Plakatkampagne gegen die Grünen
Auch mal den Angriff wagen
Björn Harms

Seit einigen Tagen sorgen in deutschen Innenstädten zahlreiche Plakate für Aufregung. Sie warnen vor „Verboten“, „Masseneinwanderung“ oder „Klimasozialismus“ und damit vor den angeblichen Folgen einer Wahl der Grünen. Begriffliche Fragwürdigkeiten einmal beiseite gelassen: Solch eine gut organisierte Angriffslust wünscht man sich von konservativer Seite häufiger. Denn tatsächlich: Die Kampagne „Grüner Mist“ zeigt Wirkungstreffer. Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) drohte dem Vermarktungsunternehmen Ströer ganz ungeniert mit Boykott: Der Konzern müsse offenlegen, wer die Kampagne finanziert habe. Ausgerechnet Albrecht! Noch vor wenigen Jahren hatte er die fragwürdige DSGVO maßgeblich vorangetrieben. Damals war ihm der Datenschutz heilig, doch wenn die eigene Partei scharf angegangen wird, kann sich der Wind eben ganz schnell drehen.

Gleichzeitig verdeutlicht der alleinige Fokus auf die Ökopartei eine inhaltliche Schwäche der Kampagne. Denn sie verkauft das falsche Narrativ, wonach allein die Grünen die Wurzel allen Übels seien. Ob anhaltende Masseneinwanderung, verfehlte Euro-Politik, verpfuschte Energiewende oder verhinderte Digitalisierung: dieses Land wurde von einer unionsgeführten Regierung in Richtung Abgrund gestoßen – unterstützt durch eine Mehrheit der Wähler auch nach 2015. Eine mögliche Mitbeteiligung der Grünen an der Regierung wäre also kein tiefer Einschnitt, wie suggeriert, sondern eine noch konsequentere Fortführung derzeitiger Politik.