© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/21 / 20. August 2021

„Besser hätte es nicht laufen können“
Anti-Grünen-Kampagne: Seit Tagen hängen in deutschen Städten über tausend Plakate, auf denen vor der Wahl der Grünen gewarnt wird – wer steckt dahinter?
Christian Vollradt

Auf den ersten Blick könnten sie glatt für echte Wahlwerbung der Grünen gehalten werden. Doch das oberflächlich gleiche Design täuscht. Und nicht nur die hängenden Köpfe der Sonnenblume, jenes traditionelle Symbol der Öko-Partei, sondern vor allem die Slogans verraten, daß es sich in Wahrheit um Antiwerbung handelt: „Totalitär. Sozialistisch. Heimatfeindlich“ steht da etwa in großen Lettern. Oder „Verbote, Bevormundung, Steuererhöhung“ und  „Wohlstandsvernichtung. Klimasozialismus. Ökodiktatur“ sowie „Masseneinwanderung, Asylbetrug, Kriminalität.“

In 50 Großstädten sind über tausend solcher Großplakate aufgehängt worden. Unter dem Motto „Grüner Mist“ wollen sie vor einer Regierungsbeteiligung der Partei warnen. „Kommen sie ans Ruder, womöglich sogar mit einer grünen Kanzlerin, werden wir unsere freiheitliche Demokratie schon in kurzer Zeit nicht mehr wiedererkennen“, heißt es auf der Internetseite der Kampagne. „Nach außen hin inszenieren sich die Grünen gern als harmlose, nette Umweltschützer und Retter des Planeten.“ Doch hinter „flauschiger Sprache“, mit der man die bürgerliche Mitte täuschen wolle, verberge sich ein radikales Programm, das die Grundlagen unseres Wohlstands und den Nationalstaat vernichte.

Die Grünen sprechen von einer „rechten Schmutzkampagne“ gegen ihre Partei. Doch man lasse sich davon nicht zurückdrängen und werde  doppelt so hart kämpfen, kündigte ihr Geschäftsführer Michael Kellner an: „Keine Fake-News-Kampagne, keine gefälschten  Zitate oder Bilder, keine rechte Desinformation, kein noch so  schmutziger Wahlkampf wird uns aufhalten.“ Am Freitag teilte er mit, in nur 42 Stunden seien bereits 100.000 Euro für eine Gegenkampagne gesammelt worden. 

Der niedersächsische Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach gegenüber der Funke-Mediengruppe von einem „schmutzigen Wahlkampf“, von „immer neuen Lügenkampagnen vom rechten Rand, von einer Armee an Internet-Trollen befeuert, die alles in ihrer Macht stehende tun, um den Grünen zu schaden“. Und Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Jan Philipp Albrecht rief gar zu einem Boykott des Vermarktungsunternehmens Ströer auf. „Wenn Ströer nicht offenlegt, wer die von ihnen veröffentlichte Hetzkampagne gegen Grüne  finanziert hat, sollte dies in jeder Kommune und jedem kommunalen  Unternehmen zum Anlaß genommen werden, dieser Firma keine weiteren  Aufträge mehr zu erteilen“, schrieb Albrecht vergangene Woche auf Twitter. Es liege nahe, „daß hier durch Auslandsfinanzierung auf die Bundestagswahl 2021 Einfluß genommen wird“.

Verantwortlich ist die Agentur Conservare Communications

Verantwortet wird die Kampagne „Grüner Mist“ von der in Hamburg ansässigen Agentur Conservare Communications. An der Finanzierung hätten sich „besorgte Bürger“ und Unternehmer beteiligt, die einen Wahlsieg der Grünen verhindern wollen. Rechtlich ist solch eine Antiwerbung nicht zu beanstanden, das müssen sogar die Betroffenen einräumen. Die wutschnaubenden Reaktionen von Grünen-Politikern samt ausführlicher medialer Berichterstattung – für den Agentur-Chef und Initiator David Bendels ein echter Grund zur Freude. „Besser hätte es nicht laufen können“, verrät er sichtlich zufrieden im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. „Wie heißt es so schön: Getroffene Hunde bellen.“ Daß nun in der Öffentlichkeit von dubosen Hintermännern geraunt wird, ist für Bendels nicht nachvollziehbar: „Wir haben ganz offen und transparent dargelegt, von wem die Kampagne ist, nämlich von Conservare Communications.“ Die Kampagne sei „unabhängig und überparteilich“. Auch der Vorwurf, das Ganze sei aus dem Ausland finanziert, ist für ihn „totaler Quatsch“. 

Ungeachtet dessen verurteilten auch SPD und CDU die Aktion und beeilten sich mit Solidaritätsadressen an die Grünen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil meinte, „Grüner Mist“ sei „rechter Müll“. Und sein Kollege von der CDU, Paul Ziemiak, schrieb auf Twitter: „Zu fairem Wahlkampf gehört es, auch das Wort zu ergreifen, wenn es nicht gegen die eigene Partei geht“. Und weiter: „Der Dreck, der aktuell von AfD- und NPD-nahen Kreisen über die Grüne ausgegossen und mit einer Plakatkampagne befeuert wird, ist widerwärtig.“ Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, daß sich CDU-General Ziemiak dagegen noch nicht in vergleichbarer Weise öffentlich mit seinen eigenen Parteifreunden solidarisiert hat, die gerade mit einem Nichtwahl-Aufruf der millionenschweren linken Kampagnenorganisation Campact (JF 33/21) überzogen werden. 

Über solche Wortmeldungen aus den Reihen der Schwarzen kann sich Bendels, der einst in der CSU aktiv war, nur wundern: „Eigentlich müßten sich CDU und FDP für die Aktion doch bei uns bedanken“, meint er gegenüber der JF. „Wir haben ja nichts anderes gemacht, als den Kern des grünen Wahlprogramms etwas zuzuspitzen.“ Und obwohl Grüne oder Politiker wie Ziemiak sowie auch einige Medien es suggerieren, beseht Bendels darauf: Seine Aktion „Grüner Mist“ habe „definitiv nichts mit der AfD zu tun“.

Das betont auch deren Bundesvorstand: „Herrn Bendels und die AfD verbindet nichts – außer zwei Abmahnverfahren und eine Klage, die wir im Jahr 2018 erfolgreich gegen Herrn Bendels eingereicht haben“, schreibt AfD-Pressesprecher Peter Rohling. Damit bezieht die Partei sich auf eine Werbeaktion eines von Bendels geführten Vereins zugunsten der AfD bei der vorigen Bundestagswahl. Und weiter heißt es: „Jenseits dieser juristischen Auseinandersetzungen gibt es zwischen der AfD und Herrn Bendels keinerlei Verbindung. Medienberichte, die etwas anderes suggerieren, sind reiner Suggestivjournalismus, der die AfD offenbar im Wahlkampf beschädigen soll.“ Kampagnenleiter Bendels gibt sich indes zuversichtlich, was den Fortgang von „Grüner Mist“ betrifft. Denn: „Auch wenn auf Twitter der linke Mob tobt, gibt es andererseits sehr viel positive Resonanz.“ Er sei sich, verriet er der jungen freiheit, auch sicher, daß der Plakatvermarkter Ströer trotz der Angriffe und Forderungen aus den Reihen der Grünen „diesem totalitären Druck von links standhalten wird“.

 www.gruener-mist.de