© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/21 / 20. August 2021

Meldungen

Erkältungsviren infizierten bereits Neandertaler 

LAUREL HOLLOW. Erkältungsviren begleiten die Menschheit offenbar schon seit Anbeginn ihrer Existenz. Sofie Holtsmark Nielsen vom Globe Institute der Universität Kopenhagen und ihre Kollegen untersuchten jetzt die Milchzähne von zwei 31.000 Jahre alten Kinderskeletten aus der Fundstelle Yana in Nordostsibirien, 500 Kilometer nördlich des Polarkreises. Aufgrund der niedrigen Temperaturen dort blieb das Erbgut der Viren erhalten, die über den Blutkreislauf in die Zellen der Zähne gelangt waren. Die Analyse ergab, daß die Kinder im Laufe ihres Lebens Kontakt zu zwei Linien des Humanen Adenovirus C (HAdV C) gehabt hatten (Veröffentlichung auf dem Preprint-Server BioRxiv vom 28. Juli 2021). Dieser Erreger sorgt heute für zumeist milde verlaufende Atemwegserkrankungen und wird auch als Vektorvirus in den Corona-Impfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson verwendet. Anhand der genetischen Unterschiede zwischen den beiden Virusvarianten errechneten die Forscher, daß das HAdV C deutlich älter als 700.000 Jahre ist, denn zu diesem Zeitpunkt trennte sich die ursprüngliche Hauptlinie auf. Also infizierte der Erreger wohl auch schon den Neandertaler und den Homo heidelbergensis. (ts)

 www.biorxiv.org





Mittelalterlicher Krieger in Finnland war wohl divers 

CAMBRIDGE. Auf der aktuell mit Eifer betriebenen Suche nach sexuell diversen Personen in früheren Zeiten sind finnische Archäologen um Ulla Moilanen von der Universität Turku mit Hilfe von Experten des Jenaer Max-Planck-Instituts für die Geschichte der Menschheit fündig geworden. 1968 waren bei Notgrabungen im südfinnischen Suontaka Vesitorninmäki merkwürdige Überreste zutage gekommen: In einem Grab aus dem 11. oder 12. Jahrhundert lagen neben Skelett-Teilen sowohl Waffen als auch weibliche Schmuck- und Kleidungsstücke. Das wurde damals so interpretiert, daß man hier auf eine Doppelbestattung gestoßen sei. Jetzt allerdings sind sich Moilanen und Kollegen sicher, es mit nur einem Toten zu tun zu haben, der die Geschlechtschromosomen XXY trug (Online-Ausgabe des European Journal of Archaeology vom 15. Juli 2021). Diese Anomalie, also das Vorhandensein von zwei weiblichen und einem männlichen Chromosom, wird in der modernen Medizin als Klinefelter-Syndrom bezeichnet. Sie führt dazu, daß die Betroffenen – obzwar anatomisch im großen und ganzen männlich – ein verstärktes Brustwachstum sowie eine verminderte Muskelmasse aufweisen und darüber hinaus auch weibliche Persönlichkeitseigenschaften entwickeln. (ts)

 www.cambridge.org





Erste Sätze

Im gegenwärtigen politischen Sprachgebrauch der Bundesrepublik wird das Wort „Volk“ selten verwendet.

Jörn Retterath: „Was ist das Volk?“ Volks- und Gemeinschaftskonzepte der politischen Mitte in Deutschland 1917–1924, Berlin/Boston 2016





Historisches Kalenderblatt

24. August: Elf Tage nach der Grenzschließung zu West-Berlin wird der Schneider Günter Litfin bei einem Fluchtversuch am Humboldt-hafen in Berlin-Mitte als erster Mauerflüchtling von DDR-Grenzposten durch einen gezielten Schuß in den Hinterkopf ermordet.