© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/21 / 20. August 2021

Globale Raubzüge
Die chinesischen Fischtrawler und ihre Piratenstützpunkte
Dieter Menke

Den Hinweis, daß Deutschlands Anteil an der globalen CO2-Emission bei nur knapp zwei Prozent liege und „Klimaneutralität“ hierzulande daher fast nichts zur Weltrettung beitrage, kontern Enthusiasten der Energiewende und die grüne „Klimajugend“ gern mit der Vorbild-Funktion: Deutschland müsse beim radikal-ökologischen Umbau und „Nachhaltigkeit“ nur vorangehen, dann würden die anderen 7,8 Milliarden Menschen in der Welt schon folgen. Wie realitätsblind eine solche „Logik“ ist, zeigten nicht nur die USA (laut EU-Report von 2020 etwa 13,9 Prozent des globalen „menschengemachten“ CO2-Ausstoßes) oder die ungebrochen auf Kohle setzende Energiepolitik von China (29,7 Prozent – Tendenz steigend).

Der US-Journalist Christopher Pala registriert auch in anderen umweltpolitischen „Krisengebieten“ gerade bei den Großmächten wenig Neigung, den blauen Planeten zu schonen. Ein gutes Beispiel dafür sei Chinas Hochsee-Fischereiflotte, mit 12.000 Trawlern die größte der Welt (Welt-Sichten, 2/21). Weil sie den Fischhunger des wachsenden chinesischen Mittelstands stillen müssen, brechen die staatlich hochsubventionierten Schiffe zu regelrechten „Raubzügen“ rund um den Globus auf, um sich die Eiweißquellen ärmerer Länder anzueignen. Berühmt-berüchtigt sei das Vorgehen in Nordwestafrika. Dort fischen die Chinesen mit den Sardinellen-Schwärmen der Küstenbevölkerung die wichtigste und billigste Proteinnahrung weg, um sie in 20 eigens dafür errichteten Fabriken zu Fischmehl für Chinas Aquakulturen zu verarbeiten.

Nicht weniger brutal gegen Mensch und Natur treten Chinesen in Mosambik auf. Dort terrorisieren nicht nur Islamisten den Norden des trotz Ölreichtums armen 31-Millionen-Einwohnerlandes (Welternährung 8/21). Ohne Rücksicht auf die lokale Kleinfischerei und das ökologische Gleichgewicht im Indischen Ozean holen auch Pekings Trawler, die seit 2017 vom faktisch chinesischen Hafen Beira aus operieren, jährlich 60.000 Tonnen hochwertiger Brassen und Barsche aus dem Wasser. Für die Fischereirechte zahlen sie der Regierung Mosambiks ein „neokolonialistisches“ Almosen.

In ähnlich imperialistischer Manier sind 250 Trawler der Südatlantik-Flotte auf Tintenfischjagd dicht vor Argentiniens 200-Meilen-Zone. Stationiert in ihrem „Piratenstützpunkt“ im Hafen von Montevideo, riskieren die Schiffe auf ihren Fangfahrten immer wieder gern Vorstöße ins Hoheitsgebiet der Argentinier, die zu dessen Schutz schon ihre Kriegsmarine einsetzen müssen. Eine Eskalation, die früher oder später sicher zum „Fischereikrieg“ führen dürfte.

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Foto: Trawler im chinesischen Hafen Ningbo: In imperialistischer Manier weltweit auf Fischfang