© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/21 / 27. August 2021

Ländersache: Bayern
Kein Moos fürs Vlies
Hermann Rössler

Ein „Glücksfall für Bayern“, so nannte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) noch im Dezember vergangenen Jahres die Inbetriebnahme von Produktionsanlagen zur Herstellung von FFP2-Masken. Der Autozulieferer Zettl in Weng bei Landshut hatte zu dem Zeitpunkt mit der Produktion von Schutzmasken begonnen. Zertifizierte Masken, hergestellt im süddeutschen Freistaat – „das heißt Unabhängigkeit von China und anderen Lieferländern“, triumphierte Aiwanger. Knapp neun Monate später ist in einigen Betrieben Ernüchterung eingetreten: Heimische Hersteller haben es schwer, sich gegen die billigere chinesische Konkurrenz durchzusetzen. 

Eine EU-Vergaberichtlinie schreibt für die öffentliche Hand vor, nach den günstigsten Preisen zu gehen. Der Münchner Abendzeitung zufolge verschleuderte die Landesregierung im vergangenen Jahr neun Millionen Euro für zu einem großen Teil unbrauchbare Masken aus China. Zettl-Meditec findet die meisten seiner Kunden im Gesundheits- und Pflegesektor, teilt das Unternehmen auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Von der bayerischen Staatsregierung bestehe derzeit ein „kleiner Auftrag“ über 50.000 Masken. Für zukünftige öffentliche Ausschreibungen wünscht sich Zettl, daß auch „der Fertigungsstandort mit kurzen Versorgungswegen“ bei den Vergaberichtlinien eine Rolle spielt. 

Düsterer sieht es bei der Rosenheimer Firma Printex aus. Deren Masken sind etwa 25 Cent teurer als die chinesischen Modelle, berichtet Firmenchef Klaus Unterseer dem Bayerischen Rundfunk (BR). Derzeit lägen 1,2 Millionen Schutzmasken ohne Aussicht auf einen Käufer im Lager. Der Staat habe in den Markt hineingequatscht und die Unternehmer dann allein gelassen, zitiert der Rundfunk Unterseer. „Wenn alles so bleibt, müssen wir irgendwann die Reißleine ziehen und feststellen: das war’s.“ Laut dem BR gibt es in Bayern 15 Standorte zur Herstellung des Schutzmaterials. Die Firma Topp-Textil sieht sich einer ähnlichen Situation gegenüber. Bis Jahresende kauft der Bund dem Allgäuer Unternehmen eine bestimmte Menge der Masken ab – ein Privileg, das nicht allen Betrieben zuteil geworden ist. Nach Ende des Auftrags befürchtet Marketingleiter Alexander Bachmann ein Aus der Produktion. Bachmann ist auch Sprecher des Maskenverbands Deutschland, der sich im März 2021 als Interessenvertretung deutscher Maskenhersteller gründete. 

Der JF schildert Bachmann die politischen Fehlentscheidungen, die er für seine Branche sieht. Erst durch politischen Rückenwind inklusive Förderprogrammen hätten sich deutsche Firmen getraut, in den Markt einzusteigen, da es „hierzulande absolut unmöglich ist, mit asiatischen Kosten mitzuhalten“. Öffentliche Vergaben richteten sich jedoch bloß nach dem Preis. „So haben wir nun die absurde Situation, daß der Staat munter schlechte Chinaware einkauft, während die mit Steuergeldern finanzierte deutsche Maskenindustrie mangels staatlicher Großaufträge Mitarbeiter entläßt und die Produktionen stillegt.“ 

Bachmann fordert von der Politik, die Vergabekriterien um „Qualität, soziale und ökologische Aspekte“ zu erweitern. Indes kündigte Aiwanger im BR an: „Ein Produktionsstandort Deutschland muß zwingende Voraussetzung werden.“