© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/21 / 27. August 2021

JF-Intern
Die Stunde des Siegers?
Moritz Schwarz

Natürlich hat er sich mit Händen und Füßen gewehrt, der Chef, gegen den Themenvorschlag für diese Rubrik: „Wie wäre es mit deiner Teilnahme am Berlin-Marathon?“ – „Halbmarathon! Ich bin nur die 21 Kilometer gelaufen!“ – „Aaach, dabeisein ist alles!“– „Auf keinen Fall.“ –„Papperlapapp, Ehre, wem Ehre gebührt!“ – „Nein, das wäre stillos.“ – „Schnickschnack! Bescheidenheit ist eine Zier, doch besser lebt sich’s ...“ – „Stopp, es ist peinlich, sich in seiner eigenen Zeitung feiern zu lassen!“ 

„Keine Sorge, dann kommst du eben schlecht weg.“ – „Bitte?“ – „Welcher Platz war’s denn? Sicher der letzte!“ – „Nein.“ – „Und die Zeit? Mitternacht? Dacht’ ich’s mir doch!“ – „Wie? Unsinn!“ – „Ach, verlaufen auch noch? Unglaublich!“ – „Was?“ – „Und wahrscheinlich unterwegs unbeobachtet Rast gemacht, bei der Startnummer betrogen und am Ende fußlahm und von zwei Fremden gestützt ins Ziel gehumpelt!“ – „Nein! Eigentlich war meine Zeit ...“

Acht Minuten, liebe Leser, acht Minuten schlechter als beim letztenmal, vor 15 Jahren (siehe JF 15/06), so viel sei verraten. Doch mehr nicht – die tatsächliche Zeit, die Plazierung unter 15.096 Läufern und ob Chefredakteur Dieter Stein strahlend wie Apoll oder entatmet wie der zu Tode gehetzte Aktaion durchs Ziel ging, werden Sie nie erfahren. Denn wie hier dokumentiert, war Einigung unmöglich. 

Und so bleibt es Ihnen überlassen, ob dieses JF-Intern vor Ihrem „inneren Ohr“ mit den erhebenden Triumphklängen aus dem Spielfilmmeisterwerk über zwei britische Läufer „Die Stunde des Siegers“ oder, tot und erledigt, mit Chopins Trauermarsch ausklingt.