© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

„Ich lasse mich nicht verbiegen“
Ihr Fall sorgte für Schlagzeilen: Eva Herzig verlor ihre Rolle als Fernsehkommissarin, weil sie sich nicht impfen lassen wollte. Eine Geschichte von Mut und Aufrichtigkeit aber auch von Angst, Feigheit und Heuchelei
Moritz Schwarz

Frau Herzig, bereuen Sie es, sich nicht haben impfen zu lassen?

Eva Herzig: Nein, ganz im Gegenteil.

Warum „ganz im Gegenteil“?

Herzig: Seit mein Fall im Juni durch die Medien gegangen ist, habe ich von immer mehr schweren Nebenwirkungen bei Corona-Impfungen gehört. 

Woher? 

Herzig: Vor allem von Leuten, die mir schreiben. Vom Publikum habe ich ja fast nur positive Reaktionen erhalten, und etliche berichten auch von Impfschäden bei sich oder Bekannten. 

Ob das auch der Wahrheit entspricht?

Herzig: Das kann ich natürlich nicht überprüfen. Ich sage nur, daß mir das Leute schreiben. 

Sie haben wegen Ihrer Impfverweigerung Ihre Rolle in der erfolgreichen deutsch-österreichischen Fernsehproduktion „Steirerkrimi“ verloren. 

Herzig: Ja, das war ein großer Schock für mich. 

Warum? Die Konsequenz war Ihnen doch klar. 

Herzig: Weil ich bis zuletzt gehofft habe, es würde doch nicht so kommen. Und es ist auch immer noch mal anders, wenn etwas wirklich eintritt.

Wieso haben Sie sich nicht ein „Attest besorgt“? 

Herzig: Das wurde mir von Gutmeinenden auch vorgeschlagen, einen Arzt zu finden, der „impft“, ohne zu impfen. Ich habe das aber abgelehnt, denn das wäre nicht ich. Ich muß das aussprechen, was ich denke und fühle. Ich will mich nicht verbiegen.

Haben Sie keine Angst, an Covid-19 zu erkranken?

Herzig: Nein, auch wenn mir bewußt ist, daß das Virus ansteckend, für manche auch gefährlich, gar tödlich ist. Und ich möchte auch klarstellen, daß ich keine Impfgegnerin, sondern vielfach geimpft bin. Die Corona-Impfstoffe aber sind noch zu unerforscht. Es gibt viele Berichte über Schäden durch sie, und mögliche Langzeitfolgen sind auch nicht klar.

Woher haben Sie denn Ihre Informationen?

Herzig: Ich war erstaunt, wieviel man selbst recherchieren kann. Es gibt etliche Studien, und Informationen über Nebenwirkungen bekommt man auch bei der Europäischen Arzneimittelagentur, kurz EMA genannt. Bei dieser lagen bis Juli 2021 rund 479.000 gemeldete Hinweise auf Schäden durch Covid-Impfungen vor. Wobei natürlich zu berücksichtigen ist, daß „Hinweise“ noch nicht bestätigte Fälle bedeutet, sondern diese erst untersucht werden müssen. Allerdings ist die Dunkelziffer sicher um einiges höher, da längst nicht alle Impfschäden gemeldet beziehungsweise in Zusammenhang mit der Covid-Impfung gebracht werden.

Können Sie als Laie diese Daten überhaupt bewerten? 

Herzig: Ich weiß natürlich auch nicht, ob zum Beispiel die vielen Nebenwirkungen nur auftreten, weil nun so viele Menschen geimpft werden oder weil die Impfstoffe unausgereift sind. Ich habe jedoch mit vielen Ärzten gesprochen – die aber sehr unterschiedlich geantwortet haben: Die einen haben keinerlei Bedenken, die anderen haben gewarnt und von Patienten berichtet, die mit schweren Nebenwirkungen und Impfschäden kämpfen. Auch hat mich sehr verunsichert, daß viele meinten, sie würden das zwar mir, aber auf keinen Fall öffentlich sagen. Da wird offenbar massiver Druck ausgeübt. 

Dennoch, ungeimpft sind Sie beim Dreh doch ein Risiko für andere. Ist das nicht unsolidarisch? 

Herzig: Nein, denn natürlich hätte ich mich testen lassen, um niemanden zu gefährden. Und alle Geimpften können nach wie vor Covid übertragen oder selbst daran erkranken. Abgesehen davon sind Geimpfte vor der Delta- und möglichen anderen Varianten genausowenig geschützt.

Wie schlimm ist der Verlust der Rolle für Sie? Bekommt man als Schauspielerin nicht einfach eine andere? 

Herzig: Eva Merz, die Chefin der Spurensicherung, ist eine der Hauptrollen der „Steirerkrimis“. Der nächste Film der Reihe wird im Herbst gedreht, und so habe ich mit meinem Rauswurf mein komplettes, fest eingeplantes – schließlich habe ich laufende Kosten – Einkommen bis dahin verloren. Und das als alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Deshalb bin ich sehr glücklich, jüngst eine neue, sogar gleichwertige Rolle in der Reihe „Der Altaussee-Krimi“ – Altaussee ist ein Kurort, ebenfalls in der Steiermark – beim österreichischen Privatsender ServusTV gefunden zu haben. Ich werde nun also im September doch drehen und ein Einkommen haben, wofür ich unendlich dankbar bin!

Hatten Sie Angst vor Arbeitslosigkeit, oder haben Sie damit gerechnet, schon etwas zu finden? 

Herzig: Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht, in der Nacht nach dem Rausschmiß auch schlecht geschlafen. Und meine Mutter meinte entsetzt: „Aber Eva, wovon willst du jetzt leben?“ Doch ich bin ein positiver Mensch und habe immer Hoffnung. Ich glaube, wenn im Leben irgendwo eine Tür zugeht, geht anderswo eine auf. 

Die „Steirerkrimis“ laufen in den großen öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ORF, der „Altaussee-Krimi“ dagegen nur im österreichischen Privatfernsehen.  

Herzig: Das stimmt und dennoch ist mir das meine Entscheidung gegen das Impfen wert, weil ich mir treu bleiben kann, mich nicht verstellen muß und nun mit Menschen zusammenarbeite, die mich so akzeptieren. Das alles ist mir viel wichtiger als die Karrierevorteile, die ich bei den „Steirerkrimis“ hatte. Glück ist für mich wertvoller als beruflicher Erfolg!

Weshalb geht bei ServusTV, was beim Österreichischen Rundfunk und der ARD nicht geht? 

Herzig: Bei ServusTV ist man damit einverstanden, daß ich mich testen statt impfen lasse.

Covid-Schnelltests sind unzuverlässig. Ist es daher nicht verständlich, daß Allegro, die Produktionsgesellschaft, verlangt hat, daß Sie sich zum Schutz aller am Set impfen lassen? Schließlich habe sie „eine Sorgfaltspflicht“.

Herzig: Ich verweigere die Impfung ja nicht ohne Grund, sondern weil ich ernste Bedenken bezüglich meiner Gesundheit habe. Wie steht es denn da mit der „Sorgfaltspflicht“? Zudem gilt das Argument, unzuverlässig zu sein, auch für die Impfung. Denn auch Geimpfte können andere infizieren: Die Gesundheitsbehörden CDC in den USA und PHE in Großbritannien haben jüngst mitgeteilt, daß mit der Delta-Variante infizierte Geimpfte in den ersten Tagen ähnlich infektiös sind wie Nichtgeimpfte. In diesem Fall wäre die Gefahr einer Ansteckung durch eine negativ getestete Person wie mich sogar viel geringer als durch einen infizierten Geimpften. 

Haben Sie dieses Argument gegenüber Allegro ins Feld geführt? 

Herzig: Dazu hatte ich gar keine Gelegenheit, denn mit mir wurde überhaupt nicht gesprochen. 

Man hat nicht versucht, mit Ihnen gemeinsam eine Lösung zu finden? 

Herzig: Nein, weder Allegro noch ORF oder ARD.  

Der ORF behauptet, er habe versucht, in Ihrem Fall alle „produktionsrelevanten Aspekte, persönlichen Rechte und Sorgfaltspflichten respektvoll in Einklang zu bringen“.

Herzig: Als meine Agentin das Gespräch mit dem Chef von Allegro suchte, wurde ihr klargemacht, daß daran kein Interesse besteht. 

Wenn es so ist, wie Sie es darstellen, was steckt dann Ihrer Meinung nach tatsächlich dahinter?

Herzig: Ich glaube, politischer Druck.

Inwiefern?

Herzig: Wir sehen doch, daß es weltweit darum geht, möglichst alle Menschen durchzuimpfen, am besten inklusive der Kinder. 

Sie wollen aber doch nicht etwa sagen, die Politik habe bei Allegro „angerufen“?

Herzig: Nein, ich hege keine Verschwörungstheorien. Aber die Politik sorgt weltweit dafür, daß eine gesellschaftliche Atmosphäre entsteht, die zu so etwas, wie ich es erlebt habe, führt. Inzwischen nehmen die meisten Produktionsfirmen nur noch geimpfte Schauspieler. Ich kenne etliche Kollegen, die sich nicht deshalb haben impfen lassen, weil sie davon überzeugt sind, sondern weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen und Angst haben, sonst den Job zu verlieren – und die mich unter vier Augen auch bestärkt haben, öffentlich aber den Mund halten. Übrigens geht der Druck nicht nur von oben, sondern auch von nicht wenigen Kollegen aus. Einige haben mich direkt angegriffen, andere sich abwertend über mich geäußert und wieder andere sich von mir zurückgezogen. 

Sie sind menschlich enttäuscht? 

Herzig: Eigentlich ja, zumal darunter zwar keine engen Freunde, doch aber Bekannte sind, von denen ich dachte, daß wir uns näherstehen.

Aber sind schöpferische Theater- und Filmleute nicht menschlich integrer als der Rest der Gesellschaft?

Herzig: Genau das habe ich früher auch geglaubt, weil sie sich in ihrer Kunst doch so viel mit dem Menschsein auseinandersetzen. Dann bin ich mit 19 Jahren ans Wiener Burgtheater gekommen und habe schnell festgestellt, daß die Realität ganz anders ist – was für Hierarchien tatsächlich herrschen, wieviel Angst umgeht und wie skrupellos Macht mißbraucht wird. Deshalb habe ich mit 25 gekündigt und arbeite seitdem freiberuflich, obwohl das mit Durststrecken verbunden ist. 

Film und vor allem Theater stellen sich gern als unglaublich freigeistig, aufmüpfig, mutig und moralisch überlegen dar. Also alles Heuchelei?

Herzig:  Ich will nicht alle über einen Kamm scheren und ich habe auch Verständnis dafür, daß Menschen Kompromisse machen. Aber angesichts der Attitüde, dem Publikum stets den Spiegel vorzuhalten, in den man besser selbst einmal blicken sollte, kann man das kaum anders bezeichnen denn als Heuchelei. Dabei will ich das niemandem vorwerfen. Doch wie soll man es sonst nennen, wenn man das eine proklamiert und das andere lebt? 

Welche Verantwortung tragen eigentlich ARD und ORF? Sind die Umstände, unter denen gedreht wird, nicht allein Sache der Produktionsgesellschaft? 

Herzig: Die Produktionsgesellschaft tut nichts ohne Absprache mit den Auftraggebern.

Der ORF hat mitgeteilt, Allegro habe beide „von der Entscheidung, die Zusammenarbeit mit Eva Herzig zeitlich auszusetzen, informiert“. Das klingt nicht danach, daß ORF und ARD gefragt und in die Entscheidung von Allegro einbezogen worden sind. 

Herzig: Jeder in der Branche weiß, daß die Sender alles absegnen, erst recht wenn es sich um die einflußreichen Öffentlich-Rechtlichen handelt. Meine Rolle wurde gestrichen und das Drehbuch umgeschrieben – einen solchen Eingriff traut sich keine Produktionsgesellschaft ohne ihre Einwilligung.

Die Zeitung „Die Welt“ vermutet: „Der wahrscheinlichere Ablauf dürfte sein: Herzig informiert den Produzenten, daß sie sich noch nicht impfen läßt. Der informiert die auftraggebenden Sender, und diese beschließen miteinander eine Umbesetzung ... Warum also schiebt der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun den für diese Entscheidung eher bedeutungslosen Produzenten vor und steht nicht selbst für diese gerade?“

Herzig: So ist es eben, alle machen mit, aber keiner will es gewesen sein. Was mich jedoch viel mehr schockiert, ist, daß wir künftig nicht mehr über die Unversehrtheit unseres Körpers entscheiden sollen. Bis zu Corona lebten wir doch in der Vorstellung, daß nur ich selbst entscheide, was mir injiziert wird, und daß das ein unantastbares Grundrecht ist. Daß dies nun nicht mehr gelten soll, ist, was ich eigentlich gar nicht fassen kann – und ebenso, daß wir uns das gefallen lassen! Mit Demokratie hat das für mich nichts mehr zu tun.

Moment, diese Freiheit haben wir doch noch. Auch wenn die sozialen Kosten „zwangsartig“ sind. Aber tatsächlich zwangsgeimpft wird ja niemand. 

Herzig: Das stimmt und ist eigentlich sogar der entscheidende Punkt: Noch haben wir eine Wahl, noch können wir sagen: „Ich nicht!“ – wenn wir bereit sind, die Konsequenzen zu tragen. Aber vielleicht ist es ebendiese Bereitschaft, ohne die es keine Freiheit gibt, weil Freiheit einen Preis hat. Doch müssen wir diese Freiheit jetzt zum Widerstand nutzen, dazu aufzustehen und „Stop!“ zu sagen. Um wieder zurück zu einem Zustand zu kommen, in dem wir frei leben können, ohne ständig Repressalien ausgesetzt zu sein.






Eva Herzig, die Film- und Theaterschauspielerin wurde 1972 in Salzburg geboren. Ausgezeichnet als beste Nachwuchsschauspielerin 1993, war sie von 1991 bis 1995 Mitglied des Burgtheaters Wien. Später spielte sie etwa in Bonn, Zürich und Basel sowie in zahlreichen Kino- und TV-Filmen. Innerhalb der Fernsehfilmserie „Landkrimi“ ist der „Steirerkrimi“ eine Reihe, die in der Steiermark spielt und von ORF, Arte und ARD ausgestrahlt wird. Der letzte Film lief in der ARD am 11. März um 20.15 Uhr und hatte mit 5,7 Millionen Zuschauern eine Einschaltquote von 17,4 Prozent.

Foto: Schauspielerin Herzig: „Noch haben wir eine Wahl, noch können wir sagen: „Stop!“ ... Um zurück zu einem Zustand zu kommen, in dem wir frei leben können, ohne ständig Repressalien ausgesetzt zu sein“