© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

CD-Kritik: Wolfgang Amadeus Mozart – Leif Ove Andsnes
Es geschah 1785
Jens Knorr

Mozart lebt 1785 freiberuflich in Wien, es geht ihm finanziell gut, er hat eine geräumige Wohnung in der Domgasse 5, ein eigenes Klavier und wird im Winter die Zusammenarbeit mit dem Librettisten Lorenzo Da Ponte beginnen. In diesem Jahr schreibt Mozart so unterschiedliche Werke wie die drei Klavierkonzerte Nr. 20–22, die Fantasia in c-Moll für Soloklavier KV 475, das Klavierquartett in g-Moll KV478 und die Maurerische Trauermusik KV 477. Unterschiedliche Werke?

Mit diesen und den Kompositionen des folgenden Jahres stößt Mozart in Dimensionen des Ausdrucks vor, die ihm zahlendes Publikum zuspielen, ihn diesem jedoch letztlich entfremden werden. Mozart vollzieht privat und beruflich den Schritt in die Selbständigkeit und von der „Handwerkerkunst“ zur „Künstlerkunst“. Das macht die Masse und Bewegung von Mozarts Momentum aus, dem der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes mit den Musikern des Mahler Chamber Orchestras auf den Grund zu kommen sucht.

Sie spielen auf heilig nüchterne Art, schnörkellos klar, wo eine leichte Akzentuierung oder unaufdringliche Verzierung, ein sachtes Rubato, eine kaum merkliche Verschiebung in der Wiederholung schon Welten ausmachen können. Ihr quasi objektivierendes Zusammenspiel greift nicht weiter voraus, als Mozart in den Kompositionen dieses Jahres vorausgegriffen hat. Es überzeugt, weil es nicht überreden will.

Noch in diesem Jahr soll ein weiteres Album folgen, das sich Mozarts Momentum des Jahres 1786 stellt.

Mozart Momentum 1785 Sony Classical 2021  www.sonyclassical.de  www.leifoveandsnes.com