© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

Blick in die Medien
Zensur für Zocker
Tobias Dahlbrügge

Unsere Lebensbetreuer haben ein neues Betätigungsfeld für Alltagsregulierung entdeckt: Das Bundesjustizministerium von Christine Lambrecht (SPD) fand heraus, daß der Corona-Lockdown zu einem sprunghaften Zulauf zu Online-Spielen führte. Hilfe, Online-Games können „ein Einfallstor für Straftaten“ (Handelsblatt) und „Haßrede“ sein! Das geht ja gar nicht – darum fordert Lambrecht eine „umfassende Regulierung von Spieleplattformen auf europäischer Ebene“.

Es dürfe „keine blinden Flecken“, sondern müsse statt dessen „verpflichtende Regeln“ geben, um die unmündigen „Millionen, vor allem junge Menschen“ zu schützen. Strenge Vorgaben seien nötig, so Justizstaatssekretär Christian Kastrop, „damit strafbare und jugendgefährdende Inhalte sehr schnell gelöscht werden“.

Das findet die Polit-Rentnerin Renate Künast auch, und zwar dalli: „Das hätte man übrigens in der NetzDG-Reform für Deutschland im Mai längst regeln können und müssen!“ Die ging den Grünen nämlich nicht weit genug.

Dabei sind „Hatespeech“ und andere strafbewehrte Inhalte bei Onlinespielen „sehr selten“.

Fraglich ist, ob unsere vorschriftswütigen Volkserzieher so richtig verstanden haben, worüber sie reden: „Hatespeech“ und andere strafbewehrte Inhalte fänden sich bei Onlinespielen „sehr selten“, stellt Felix Falk klar, Geschäftsführer des Spiele-Branchenverbandes Game. Das sei doch vielmehr ein Problem der sozialen Medien – und dort greifen ja bereits starke Regularien. 

„Wenn es in Spielen zu beleidigender oder diskriminierender Kommunikation kommt“, gibt es dafür Spielordner, die Verstöße gegen Verhaltensregeln melden, sagt Falk und spielt den Ball souverän zurück: „Die Erfahrungen zeigen allerdings, daß die zuständigen Behörden ihre digitalen Kompetenzen dringend weiter ausbauen müßten, um auch ihrer Aufgabe gerecht werden zu können.“ Das sieht der Vorstandschef des Verbands der Internetwirtschaft (eco), Oliver Süme, genauso: „Es gibt im Internet keine rechtsfreien Räume, aber sehr wohl mangelnde Präsenz und Aktivität der Strafverfolgungsbehörden. (...) Statt immer neuer Regularien muß die Bundesregierung jetzt ihre ureigenen Hausaufgaben machen.“