© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

Neue Prioritäten der US-Politik: Post-Corona und China
Schlußstrich unter 9/11
(ob)

Unter den Terroristen vom 11. September 2001 war kein einziger Afghane. Trotzdem wurde Afghanistan Hauptziel des US-geführten Gegenschlags und zum Objekt eines 20 Jahre währenden Sozialexperiments, eine archaisch- patriarchalische in eine postmodern-„vielfältige“ Gesellschaft zu verwandeln. Ein Unterfangen, dem Thomas Ruttig, Kodirektor der „Denkfabrik“ Afghanistan Analysts Network (Kabul/Berlin), attestiert, von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen zu sein (Aus Politik und Zeitgeschichte 28–29/2021). Ruttigs Rückblick, veröffentlicht zwei Wochen vor der Flucht des korrupten westlichen Marionettenregimes und dem Einzug der Taliban in Kabul, leitet aus dem früh absehbaren Desaster ab, daß die USA und der Westen in der Region „nicht mehr viel Einfluß haben werden“. Ein Machtverlust, der nach Einschätzung von Max Bergmann und James Lamond (Center for American Progress) jedoch Schwerpunktverschiebungen begünstige. Denn innenpolitisch gelte es nun, auf die „tiefgreifenden Ungleichheiten“ zu reagieren, die die Corona-Pandemie offengelegt habe. Außenpolitisch bereiten sich die USA verstärkt auf den „großen Machtwettbewerb mit China“ vor. Die gesamte 9/11-Ära mit ihrer „Verengung auf islamischen Terrorismus“ und die nahöstlichen Konfliktzonen sei damit Geschichte. 


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