© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

Frisch gepreßt

Von der Pflicht. Der „ZDF-Philosoph“ Richard David Precht, laut großdeutsch timbrierter Verlagswerbung „einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum“, konnte die Corona-Pandemie unmöglich ungenutzt vorbeiziehen lassen. Darum produzierte er rasch ein Büchlein, das unter dem Titel „Von der Pflicht“ ein „zentrales Thema unserer Zeit“ behandeln will. Aufhänger sind die Proteste, die sich gegen die aufgrund der Virusgefahr staatlich verfügten Freiheitsbeschränkungen richten. Solche „Querdenker“ sollten nicht gegen die Bundesregierung auf die Straße gehen, sondern sich besser wie die Mehrheit ihrer Mitbürger auf Pflichten gegenüber der Gemeinschaft besinnen, „Verschwörungstheorien“ entsagen und tun, was ihnen „verantwortungstragende Politiker“  auferlegen. Aber selbst ein Precht erkennt, daß die Proteste nur Symptom eines fatalen Konstruktionsfehlers des kapitalistischen Systems sind, den die Pandemie jetzt offenlegt. Die gleichen Politiker, die seit Jahrzehnten „Minimalstaat“ und „marktkonforme Demokratie“ predigen und ihre atomisierten Bürger als billiges „Humankapital“ verachten, so daß egoistisches „kapitalistisches Denken bis in jeden psychischen Intimbereich eingedrungen ist“, fordern jetzt plötzlich Pflichtgefühl und Gemeinsinn. Ein Widerspruch, den Precht in seinem eher dürftigem Essay aber locker hinzunehmen bereit ist. (wm)

Richard David Precht: Von der Pflicht. Eine Betrachtung, Wilhelm Goldmann Verlag, München 2021, gebunden, 174 Seiten, 18 Euro





Rechte Wege. Uwe Junge zählte stets zu den lautstärksten Kritikern allzu rechter Flügelschläge innerhalb der AfD. Doch auch der ehemalige Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD in Rheinland-Pfalz selbst galt als umstrittene Personalie. Am Sonntag erklärte er nun seinen Parteiaustritt. Im Gespräch mit dem Journalisten und AfD-Mitglied Peter Hain legte der Oberstleutnant a. D. noch vor diesem Entschluß dar, welche Fehlentwicklungen er in der AfD beobachtet. Hain und Junge nehmen den Leser als „kritisches Duett“ mit auf eine „große Meinungsreise“ (Hain). Die ersten drei Kapitel widmen sich der AfD. Im Fokus steht der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland, von dem Hain sich enttäuscht zeigt und dem Junge prognostiziert, „die AfD nicht mehr zur wählbaren Bürgerpartei reformieren zu können“. Nach kurzen Selbstporträts der zwei Protagonisten folgen Überlegungen zur Bundeswehr, dem Afghanistan-Abenteuer, über Patriotismus und die Energiewende. Auf die Frage nach seiner politischen Zukunft gibt Junge das Versprechen: „Es ist noch nicht vorbei.“ (hr)

Uwe Junge, Peter Hain: Rechts vs. Rechts. Junge & Hain. Das kritische Duett. Verlag Peter Hain, Bad Dürkheim 2021, broschiert, 256 Seiten, 22,50 Euro