© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

Umwelt
Umverteilung nach oben
Jörg Fischer

Als Annalena Baerbock im ARD-Sommerinterview versprach, den Kauf von Lastenrädern mit 1.000 Euro zu belohnen, hat sie wohl mit Beifall gerechnet – schließlich sind für ein elektrisch unterstütztes „Cargobike“ bis zu 5.000 Euro fällig. Doch bis zu einer Milliarde Euro für ihre besserverdienende Großstadtklientel war eine Steilvorlage für die politische Konkurrenz: „Grüne Vorschläge im aktuellen Wahlkampf werden immer abstruser und weltfremder“, twitterte etwa Paul Ziemiak auf Twitter. Doch zumindest der CDU-Generalsekretär bewies damit nur, daß er es wie die Grünen-Chefin mit den Details nicht so genau nimmt: Die von seiner Partei mit abgesegnete Richtlinie für E-Lastenfahrräder subventioniert seit März 25 Prozent der Ausgaben für die gewerbliche Anschaffung. Auch Vereine und Verbände werden dabei bedacht. Bis Februar 2024 sind danach sogar bis zu 2.500 Euro beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) „abgreifbar“.

China-Lastenräder ohne Gewerbeschein und ohne 25-Prozent-Klausel stärker subventionieren.

Die Möchtegernkanzlerin will also lediglich auf die Vorlage eines Gewerbescheins verzichten und so auch klapprige China-Modelle ohne 25-Prozent-Klausel noch stärker subventionieren. Die Grünen-Idee, zusätzlich gebrauchte E-Autos via Bafa mit 9.000 Euro Steuergeld endlich besser verkäuflich zu machen, ist da eigentlich konsequent: Warum soll nur die gelangweilte Ehefrau eines gutbezahlten Industriemanagers im VW ID.4 oder Tesla 3 vor dem Bioladen parken – für die alleinerziehende Privatschullehrerin sollte doch wenigstens ein E-Golf-Leasingrückläufer drin sein, oder? Und der unter Angela Merkel 2016 eingeführte und mehrfach erhöhte „Umweltbonus“ für ein vergleichsweise teures E-Auto ist wahrlich keine grüne Marotte, sondern knallharte Umverteilung von unten nach oben: Ein familientaugliches E-Auto, das dennoch nicht für Urlaubsreisen taugt, ist schließlich nicht unter 40.000 Euro zu bekommen. Daher wird die wirklich abstruse „Förderung der Elektromobilität“ von Ziemiak prinzipiell nicht in Frage gestellt.