© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/21 / 03. September 2021

Kabinenklatsch
Viktoria klopft an
Ronald Berthold

Seit 32 Jahren verfolge ich jede Woche die Resultate von Viktoria 89. Damals schrieb ich mit meinem Bruder das Buch zum 100. Geburtstag des Berliner Traditionsvereins. Die erste Mannschaft kickte seinerzeit nur in der viertklassigen Landesliga (West-)Berlin. Aber immerhin war der Klub zwei Mal Deutscher Fußball-Meister (1908, 1911). Als 20jähriger die Festschrift verfassen zu dürfen: Ick war stolz wie Bolle.

Drei Jahrzehnte war die Ergebnisschau ziemlich deprimierend. Viktoria kickte in den Niederungen des Amateurfußballs. Nach 1990, der Fusion der Ost- und Westberliner Ligen, spielten die Tempelhofer sogar nur noch sechstklassig. Jetzt aber steht Viktoria an der Tabellenspitze der 3. Liga. Ick faß dit nich.

Neues Leben eingehaucht hat dem Klub 2013 die Fusion mit dem für seine Jugendarbeit bekannten Lichterfelder FC – einem Absteiger in die 6. Liga. Nicht nur am Namen änderte sich wenig – aus dem BFC Viktoria 1889 wurde der FC Viktoria 1889 Berlin. Auch das alte Wappen blieb fast unverändert. Gemeinsam stellte man die größte aktive Fußball-Abteilung Deutschlands und wurde für Investoren interessant. Allerdings führte die Liaison mit zwei chinesischen Unternehmen zur Insolvenz, weil die Asiaten nicht mehr zahlten. 2019 konnte der Klub trotzdem den Spielbetrieb aufrechterhalten und sich sanieren. Eine Hamburger Beteiligungsgesellschaft hilft aus. Wieviel Geld die Holding in den Verein pumpt? Keene Ahnung! 

Die acht Neuzugänge kommen jedenfalls alle aus den vierten Ligen. Wenn Sie mich fragen, warum meine alte Viktoria nun plötzlich ans Tor zur 2. Liga klopft, kann ich nur antworten: Ick weeß dit nich. Aber ick freue mir.