© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/21 / 10. September 2021

CD-Kritik: Peter Schreier – Klassikschlager
Größe und Grenzen
Jens Knorr

Wer in der klassischen Musikkultur der DDR sozialisiert wurde, kam an ihrem Exportschlager Peter Schreier schwerlich vorbei. Der Ende 2019 im Alter von 84 Jahren verstorbene lyrische Tenor war einst international und national präsent wie kein anderer: in Oper, Konzert, Lied. Auch seine Ausflüge in die „leichte Muse“ brachten Welt in jenen Appendix der Sowjetunion, in dessen südöstlichem „Tal der Ahnungslosen“ Schreier zeitlebens verwurzelt blieb. Fünf Alben mit „Klassikschlagern“, die Schreier für die Label „Eterna“ und „Amiga“ des VEB Schallplatten der DDR eingesungen hat, sind sorgsam restauriert neu editiert worden.

Schreier hat das „heitere“ Genre ernst genommen. Seine Stimme war zu eindringlicher Binnendifferenzierung fähig, kaum jedoch zu heldentenoraler Exuberanz. Ihr fehlte die Italianità Fritz Wunderlichs wie der Übermut Rudolf Schocks, ihre Dramatik klang angeschafft. Doch imponiert, wie sich Schreier der Herausforderung stellte und sie nicht selten auch bewältigte. Der Vergleich zweier Alben mit sich überschneidendem Repertoire, „O sole mio“ von 1969 und 1979, zeigt, wie der Lyriker lernte, seine stimmlichen Möglichkeiten feiner auszutarieren. Bei Schreier klangen Tenorschnulzen nie schnulzig.

In dem Album mit Volksliedern zur Gitarre „Es flog ein klein’s Waldvögelein“ von 1988 bringen Schreier und Gitarrist Konrad Ragoss-nig mit Innigkeit, die Schönberg über die Leidenschaft gestellt hat, die Kunst, die Kunst verbirgt, zur Vollendung. Dieses Album ist eines für die einsame Insel!

Peter Schreier Klassikschlager Edel Germany 2021  www.edel.com