© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/21 / 10. September 2021

Von der Hölle durchs Fegefeuer ins Paradies
Weltliteratur: Die „Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri ist ein Jahrtausendbuch
Thorsten Thaler

Restaurants und Cafés außerhalb Italiens tragen seinen Namen, im Süden Brasiliens ist ein Platz nach ihm benannt, ein Computerspiel, etliche Hollywoodfilme und zahlreiche Bücher bis hin zu Comics beziehen sich auf ihn, von klassischen Komponisten bis zu Metalbands bedienen sich Musiker seiner Motive – Dante Alighieri ist allgegenwärtig. Zu verdanken hat das der italienische Dichter seinem Hauptwerk „Göttliche Komödie“. Die Literaturwissenschaftlerin und Romanistin Franziska Meier nennt es in ihrer soeben erschienenen Rezeptionsgeschichte „Ein Besuch in der Hölle“ (C.H. Beck) ein „Jahrtausendbuch“. Dabei stehe der Ruhm Dantes „in keinem Verhältnis zur Lektüre oder Kenntnis seines Meisterwerks“. Ohne Zweifel jedoch habe das „letztlich kaum gelesene“ Buch „deutliche Spuren in allen westlichen Gesellschaften“ hinterlassen.

Dante schildert darin seine Reise in die jenseitige Welt. Sie führt ihn in die Hölle (Inferno) mit ihren neun Kreisen der Sünden über den Läuterungsberg (Purgatorio) ins Paradies. Dort schaut er das Antlitz Jesu Christi. Begleitet wird er anfangs von dem antiken römischen Dichter Vergil, später von seiner idealisierten Jugendfreundin Beatrice, der er und seiner Liebe zu ihr in seinem Frühwerk „Vita Nova“ ein Denkmal setzte. Gegliedert ist die „Göttliche Komödie“ in einhundert Gesänge (Cantos) mit insgesamt 14.233 Versen.

Viele Ausgaben der Commedia sind prächtig illustriert. Die Holzstiche auf dieser Seite stammen von dem französischen Maler und Grafiker Gustave ­Doré (1832–1883). Sie gelten als Meilensteine in der Geschichte der modernen Buchillustration. Die ersten Arbeiten von ihm zu Dantes „Hölle“ erschienen 1861; sie wurden postwendend ein künstlerischer und kommerzieller Erfolg. Kaiser Napoleon III. ernannte Doré, „Schöpfer des ‘Dante illustré’“, zum Ritter der Ehrenlegion. 1868 vervollständigten die Illustrationen zum „Fegefeuer“ und zum „Paradies“ den Zyklus. Bis heute prägen Dorés Illustrationen unsere Vorstellung von den, so die Kunst- und Kulturhistorikerin Anja Grebe, „eigentlich undarstellbaren Jenseitswelten“.

Fotos: Göttliche Komödie, Inferno, Canto 1, Dante verirrt im Wald: Auf halbem Weg des Menschenlebens fand/ Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,/ Weil ich vom graden Weg mich abgewandt.; Göttliche Komödie, Purgatorio, Canto 33, Dante trinkt aus dem Fluß Eunoe: „Ich ging aus jener heil’gen Flut hervor,/ Wie neu erzeugt, von Leid und Schwäche ferne“; Göttliche Komödie, Inferno, Canto 34, Luzifer, König der Hölle, eingefroren im Eis: „Uns naht des Höllenköniges Panier!/ Schau hin, ob du vermagst ihn zu erspähen,“/ So sprach mein edler Meister jetzt zu mir“; Göttliche Komödie, Paradiso, Canto 14, Dante und Beatrice in die Marssphäre übersetzt: „Wenn wir den heil’gen Leib neu angenommen,/ Wird unser Sein in höhern Gnaden stehn,/ Je mehr es wieder ganz ist und vollkommen.“;  Göttliche Komödie, Purgatorio, Canto 13, Die Seelen der Neider: „Du findest hier des Neides Plage! (…) Da öffnet’ ich sogleich die Augen weit,/ Und sah die Schatten an der Felsenhalle,/ An Farbe dem Gesteine gleich ihr Kleid.“; Göttliche Komödie, Paradiso, Canto 27, Die himmlische Heerschar singt „Gloria in Excelsis Deo“: „Wie früh und abends sich die Wolken malen,/ Die grad’ der Sonne gegenüberstehn,/ So sah ich jetzt den ganzen Himmel strahlen.“