© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/21 / 10. September 2021

Auschwitz zu einem kolonialen Verbrechen herabgestuft
Angriff auf die Gedenkkultur
(dg)

Der in Großbritannien lehrende australische Historiker A. Dirk Moses veröffentlichte im Mai 2021 auf der Schweizer Netzseite „Geschichte der Gegenwart“ einen aufsehenerregenden „Katechismus der Deutschen“. Für Moses besteht diese neudeutsche Glaubenslehre aus fünf Überzeugungen: 1. der Einzigartigkeit des Holocaust, der 2. als „Zivilisationsbruch“ das moralische Fundament der Berliner Republik ist, das 3. zu besonderer Loyalität zu Israel verpflichtet, 4. ist Antisemitismus ein spezifisch deutsches, nicht mit Rassismus zu verwechselndes Phänomen und 5. ist Antizionismus Antisemitismus. Der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik (Frankfurt/M.), ein prominenter Protagonist dieser von Moses attackierten „deutschen Gedenkkultur“, sieht sich besonders durch dessen „geschmacklose“ Anleihen bei Saul Friedländer provoziert, mit denen er die für Bundesdeutsche so zentrale „sakrale Erlösungsfunktion“ des Holocaust in Frage stelle (Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2021). Damit wolle der „ungewöhnliche produktive Kolonialhistoriker“ offenbar den Blick auf „nichtjüdische Opfer und andere Völkermorde“ richten, so daß Auschwitz und der Völkermord an den Juden als eines von vielen „kolonialen Verbrechen“ relativiert würden. Womit Moses Munition für die „Delegitimierung Israels“ liefere. 


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