© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/21 / 10. September 2021

Kleiner Vergleich zwischen Preußen und der Bundesrepublik
Exodus der Intelligenz
(ob)

Nach 16 Jahren, so zieht der Jurist Markus C. Kerber (TU Berlin) die Bilanz der Ära Merkel, ist es den Altparteien gelungen, „den Staat funktionsunfähig zu machen“ (Achse des Guten vom 27. August). Wie unterm Mikroskop zeigte das Afghanistan-Desaster diesen „Verfall der deutschen Demokratie“. Denn mitverantwortlich für die fatale Lageeinschätzung sei der BND gewesen, dessen Chef Bruno Kahl, vormals Wolfgang Schäubles Büroleiter zu dessen Ministerzeit, nach Parteibuch und nicht nach Befähigung ausgewählt wurde. Alle Institutionen litten heute an ähnlicher „Absenz von qualifiziertem Regierungspersonal“. Damit gehe der „Exodus der Intelligenz“ aus den Parlamenten einher. Kein Wunder, daß solche „Eliten“ gedächtnispolitisch jüngst die Reichsgründung von 1871 ignorierten – weil sie den Vergleich fürchteten mit jenem preußischen Beamtentyp, wie ihn der deutsch-jüdische Unterstaatssekretär Felix Busch (1871–1938) verkörperte, dessen Memoiren sein Enkel, der Potsdamer Historiker Julius H. Schoeps, 1991 herausgab (Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 3/2021). Für den damaligen Zeit-Rezensenten Theodor Eschenburg verkörperte dieser Leitlinien preußischer Personalpolitik: „Strenge Qualifikationsauslese, keine Ämterpatronage, Ausschaltung parteipolitischer Tendenzen“. 


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