© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/21 / 10. September 2021

JF-Intern
Als die Welt stehenblieb
Moritz Schwarz

Irgendwer schaltete sofort den Fernseher im Konferenzraum ein (das Internet war noch im Werden), nachdem unser Autor Günter Zehm aufgeregt in der Redaktion anrief. Zu sehen: das New Yorker Welthandelszentrum in der Morgensonne – und eine dünne Rauchsäule. Was los war, wußte keiner so genau. Da sich nichts tat, arbeiteten wir weiter. So wurden nur drei Kollegen Zeugen des zweiten Einschlags – eine brach ob der feurigen TV-Apokalypse in Echtzeit heftig in Tränen aus. Das eingeblendete Nachrichtenlaufband meldete nun: „America under attack“. 

Wer wüßte nicht, wo er am Nachmittag des 11. Septembers 2001 war, als er von der Katastrophe hörte. Die JF-Redaktion steckte mitten im Redaktionsschluß, denn es war ein Dienstag und die Zeitung fast fertig. Aber dann war mit einemmal alles anders. Die Ereignisse überschlugen sich. Eilig wurde eine Notredaktionskonferenz zusammengetrommelt: Ein neuer Blattaufmacher! Ein neues Interview! Ein Bericht im Auslandsteil! Alles auf den allerletzten Drücker! Fertig, im doppelten Sinne, waren wir nach 2 Uhr morgens. Da die Öffis nicht mehr fuhren, lud der Chef ins Auto, was reinging, setzte glücklichere Kollegen zu Hause ab, andere fielen nach einem Nachtmarsch ins Bett. 

Heute staunen unsere Volontäre, für die der 11. September Geschichte ist, wenn wir davon berichten: Horcht mal, Opi erzählt vom Krieg! 

PS: Immerhin kam bei der „Recherche“ für dieses Stück heraus, daß Kollege Bäkermann das Röhrenfernsehgerät in Gang setzte. Nun wäre auch diese Geschichtslücke gefüllt!