© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/21 / 17. September 2021

Schwamm drüber
Ausgeblendet: Im Wahlkampf spielen Migration und Sicherheit keine Rolle mehr
Michael Paulwitz

Unter den vielen dröhnenden Leerstellen im absurden deutschen Echokammer-Wahlkampf ist die fortdauernde Bedrohung durch den islamistischen Terror eine der ohrenbetäubendsten. Nicht einmal der zwanzigste Jahrestag des Terroranschlags auf das World Trade Center oder der Prozeßbeginn gegen den letzten überlebenden Islam-Terroristen der Anschlagsserie vom 13. November 2015 in Paris haben es vermocht, den etablierten Medien- und Politikbetrieb aus seiner gewollten Realitätsverweigerung zu reißen.

Dabei bieten gerade diese beiden Ereignisse genügend Anlaß zu selbstkritischer Reflexion über die drückenden Hypotheken früherer Fehlentscheidungen. Die Schlüsselfiguren des New Yorker Attentats vom 11. September 2001 hatten als Schläfer in Hamburg ungestört ihre Tat vorbereiten können, mit der sie – folgt man der offiziellen Lesart – nicht nur die Türme des World Trade Center, sondern die Legende von der Integration radikal gesinnter Zuwanderer aus dem muslimischen Kulturraum gleich mit zum Einsturz gebracht haben.

Noch flammender brennt das Menetekel der Pariser Anschlagsserie an der Wand. Die Spur führt zur willkürlich im Alleingang erfolgten Grenzöffnung und Außerkraftsetzung geltenden Asylrechts durch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor nunmehr sechs Jahren. Gleich mehrere der Attentäter von Paris waren unbehelligt über die Balkan-Schleuserroute von Syrien ins Herz Europas gelangt. Der Kontrollverlust in der Migrationspolitik der EU, den Merkels Willkommensputsch ausgelöst hatte, hat das Massaker im Konzertsaal Bataclan und die weiteren Attentate an jenem 13. November 2015 mit ihren 130 Toten erst möglich gemacht.

Es sollten nicht die einzigen Terroranschläge bleiben, bei denen die asylpolitische Geisterfahrt der Merkeljahre verhängnisvolle Hilfestellung geleistet hat. Im Frühjahr 2016 töteten Selbstmordattentäter in der belgischen Hauptstadt Brüssel wieder Dutzende Menschen im Namen des „Islamischen Staats“. Auch diese Terroristen hatten sich als Flüchtlinge getarnt und verfügten über Hintermänner in Deutschland. Die Sünden der Vergangenheit holen die deutsche Politik unbarmherzig ein. Der „Krieg gegen den Terror“, in den Deutschland vor zwanzig Jahren im Schlepptau der Amerikaner ohne große Reflexion, aber mit einem prallen Rucksack voller Parolen gezogen war, kehrt nach Deutschland zurück. Statt Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen, fliegt die Bundeswehr die Unsicherheit vom Hindukusch auf Kosten der Steuerzahler nach Deutschland ein.

Unter mehreren tausend planlos evakuierten Afghanen befinden sich bereits jetzt mindestens mehrere Dutzend – Eingeweihte sprechen hinter vorgehaltener Hand eher von Hunderten – bereits abgeschobene und polizeibekannte Straftäter, Kriminelle, Vergewaltiger und Islamisten. Niemand weiß, wie viele mit den Zehntausenden mitschwimmen werden, die noch kommen sollen – im Überbietungswettbewerb der Entscheidungsgewaltigen ist die Zahl der aus vermeintlicher Verantwortung ins Land zu holenden „Ortskräfte“ von wenigen hundert mittlerweile auf bis zu 70.000 angewachsen.
Um so gewisser ist, daß kaum einer dieser Evakuierten, kriminell oder nicht, in absehbarer Zeit wieder nach Afghanistan zurückkehren muß: Wegen der Machtübernahme der Taliban herrscht wieder Abschiebestopp. Was bei oberflächlicher Betrachtung als Resultat erschütternder Unfähigkeit erscheint, sendet so eine klare Botschaft: Die Sicherheit afghanischer Migranten von zweifelhafter Herkunft liegt dieser Bundesregierung mehr am Herzen als die Sicherheit der eigenen Bürger.
Die Verantwortung für diese Trojanische Luftbrücke liegt wesentlich bei Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der damit von seinem Versagen bei der rechtzeitigen Evakuierung von Bundesbürgern und Botschaftsangehörigen ablenkt. Es ist derselbe Heiko Maas, der im November 2015 als Bundesjustizminister noch Tage nach der Pariser Anschlagsserie ungeniert behauptet hatte, es gebe „keine einzig nachweisbare Verbindung zwischen dem Terrorismus und den Flüchtlingen“, denn diese seien ja stets und allein als Opfer anzusehen.

Das war schon damals eine glatte Falschmeldung. Unkontrollierte Massenzuwanderung bringt Terror und Gewalt ins Land. Seit 2015 ist die Spur der islamistischen Gewalt breiter geworden. Der Messerattentäter von Würzburg, der im Juni unter „Allahu akbar“-Rufen drei Frauen ermordet hatte, ist nur einer von vielen. Die Biographien gleichen sich in erschreckender Monotonie: 2015 eingereist, Asylantrag abgelehnt, Aufenthalt trotzdem immer weiter verlängert.
Der Terror gehört längst zum Alltag der Bürger, so wie der Anstieg all der anderen Formen von Gewaltdelikten, die überproportional häufig von Zuwanderern verübt worden. Schwert- und Messer-Tote im Wochentakt sind in den Nachrichten kaum mehr eine Randnotiz.

Am ersten Septemberwochenende sticht in Berlin ein Afghane eine Gärtnerin nieder, weil er den Anblick einer arbeitenden Frau verabscheut, während am selben Tag ein abgelehnter Asylbewerber aus dem Irak unter „Allah“-Anrufungen einen Hausmeister mit einer Eisenstange niederschlägt. Der Autobahn-Attentäter von Berlin, wieder ein abgelehnter Asylbewerber, der letztes Jahr im August mit seinem Opel Motorradfahrer jagte, der Syrer, der im Oktober 2020 in Dresden zwei Männer niederstach, weil er sie als Homosexuelle erkannte – alles nur „Einzelfälle“, alles nur „psychisch Gestörte“? Und selbst wenn, was haben sie in diesem Land verloren?

1.500 laufende Verfahren gegen Islamisten verzeichnete der Generalbundesanwalt im Juni. Der Bundesinnenminister weiß von zweitausend Islamisten, die zu einem Terroranschlag fähig wären. Das kollektive Versagen einer ganzen politischen Klasse und der Kontrollverlust, der dieses Gefahrenpotential aufgetürmt hat, wiederholt sich gerade vor aller Augen. Gemessen an seiner Brisanz müßte das Thema Migration und Sicherheit den Wahlkampf beherrschen. Doch statt Rechenschaft geben zu müssen, kommen die „Kanzler“- und „Spitzen“-Kandidaten der etablierten Parteien mit Platitüden davon. Deutschland ist drauf und dran, ein Selbstmordattentat gegen die eigene Existenz zu begehen.