© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/21 / 17. September 2021

Filmkritik Die letzte Nacht der Titanic
„Eisberg voraus!“
Werner Olles

Es ist der 14. April 1912, als der Funker des Luxusdampfers „Titanic“ eine erste Warnung vor einem Eisberg erhält. Doch da das riesige Schiff als unsinkbar gilt, macht sich niemand Sorgen. Wenige Minuten vor Mitternacht meldet der Ausguck: „Eisberg unmittelbar voraus!“ Die „Titanic“ rammt den Eisberg seitwärts, die Beschädigung am Rumpf beträgt über 90 Meter. Während das Wasser im Kesselraum höher steigt, neigt sich das Schiff vornüber in das eisige Wasser des Atlantiks. Die Mannschaft beginnt, Frauen und Kinder in die wenigen Rettungsboote zu verladen, auf dem Zwischendeck und im Rauchsalon wird man erst jetzt auf die Katastrophe aufmerksam. Panik macht sich breit.
58 Seemeilen entfernt empfängt die „Carpathia“ unter Captain Rostron (Anthony Bushell) die SOS-Hilferufe und ändert sofort ihren Kurs, um der „Titanic“ zu helfen. Doch die Fahrt zum Unglücksort wird mindestens vier Stunden dauern. Nur wenige Meilen entfernt befindet sich der Frachter „California“. Zwar bemerkt die Mannschaft die Lichter der „Titanic“, glaubt jedoch an einen normalen Halt und ignoriert auch die Seenotraketen.

Auf der sinkenden „Titanic“ warten immer noch 1.500 Passagiere auf ihre Rettung, doch alle Boote sind bereits besetzt. Die Musiker beginnen einen Choral zu spielen, alle stimmen in das Lied mit ein. Als einer der vier großen Schornsteine herabstürzt, neigt sich der Dampfer zur Seite, bleibt ein paar Sekunden in dieser Lage und sinkt dann in die Tiefe. Als die „Carpathia“ am Unglücksort eintrifft, können noch 705 Passagiere aus den Rettungsbooten geborgen werden. Der Film endet mit der Aussage des 2. Offiziers Charles Lightoller (Kenneth Moore), daß 1.500 Menschen beim Untergang starben.
Regisseur Roy Ward Baker drehte „Die letzte Nacht der Titanic“ („A Night to Remember“, 1958) nach dem Sachbuch des US-amerikanischen Autors Walter Lord „Die Titanic-Katastrophe“ und nach authentischen Augenzeugenberichten von 64 geretteten Passagieren. Das Drehbuch schrieb der Kriminalautor Eric Ambler. Bakers Film diente James Cameron für dessen 1997 entstandenen Klassiker „Titanic“, in den einige Szenen des 1943 gedrehten Ufa-Films „Titanic“ hineingeschnitten wurden. Zwar behandelt Bakers Drama die Schuldfrage auffallend zurückhaltend, aber die detailreiche Schilderung der letzten drei Stunden des Dampfers machen dies wieder gut.

DVD: Die letzte Nacht der Titanic. Koch Media 2021, Laufzeit etwa 121 Minuten