© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/21 / 17. September 2021

Bürgerräte als Wiederaufbauhelfer der Demokratie
Neutrale Handlungsempfehlung

Kurz vor der Bundestagswahl erinnern Janosch Pfeffer, grüner „Bürgerratsexperte“ beim Verein „Klima-Mitbestimmung Jetzt“, und der Berliner Rechtsanwalt Jan Christian Sahl daran, daß ausweislich vieler Umfragen nur jeder zehnte Wahlberechtigte den politischen Parteien „vertraut“ (Zeitschrift für Rechtspolitik, 5/2021). Insoweit spiegle dieser kümmerliche Wert auch für die Bundesrepublik wider, daß das Ordnungsmodell „Liberale Demokratie“ weltweit unter Druck gerate. Pfeffer und Sahl wollen der bedrohlichen Entwicklung mit „Bürgerräten“ begegnen. Deren Mitglieder, ermittelt im Losverfahren, „ausgewogen“ instruiert zum jeweils von ihnen verhandelten Problem durch „möglichst neutrale Wissenschaftler“, sollen politischen Institutionen nach „verständigungsorientierter und ergebnisoffener Debatte“ Handlungsempfehlungen vortragen. Da die Bürgerräte nicht vom Gesamtvolk gewählt sind und ihnen die Gesetzgebungskompetenz fehlt, bilden sie keine „Legitimationskonkurrenz“ zu den Parlamenten. Sie könnten jedoch, etabliert durch ein „Bürgerräte-Gesetz“, Teilhabe fördern, und die Politikverdrossenheit abbauen. Nicht zuletzt durch Einbeziehung von Ausländern, denn Bürgerräte seien keine Staatsgewalt im Sinne des Grundgesetzes und daher nicht an dessen „engen Volksbegriff“ gebunden. (dg)


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