© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Aufgeschnappt
Patriarchat des Zitierens
Matthias Bäkermann

Wie die US-Kommunikationswissenschaftlerin Emoke-Agnes Horvat nachweist, erstreckt sich die geschlechtsspezifische Kluft bei den Wissenschaftlern auch auf die digitale Welt. Ihr in der angesehenen US-Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences diese Woche veröffentlichter Artikel offenbart nicht nur, daß Forscherinnen bei Nobelpreisen den Kürzeren ziehen, sondern auch beim Zitieren ihrer Arbeiten in wissenschaftlichen Blogs oder den sozialen Medien. Eine Analyse der „Online-Sichtbarkeit“ von über 500.000 Publikationen auf entsprechenden Zählwebseiten wie „Altmetric“ ergab, daß das Mißverhältnis in Naturwissenschaft, Mathematik oder Maschinenbau besonders hoch ist, wo teilweise nur 16 Prozent der im Netz erwähnten Arbeiten von Frauen stammten. Horvat ist ein wenig ratlos in Anbetracht des Geschlechtergefälles und sieht Gründe in einer „voreingenommenen Wahrnehmung“, die die Forschung von Frauen als „nicht so wichtig“ klassifiziere, zudem stießen diese bei männlichen Netzwerken „auf Barrieren“. Näher liegende Faktoren schließt Horvat jedenfalls aus: Es habe „nichts“ mit dem deutlich geringeren Anteil der Forscherinnen in den fraglichen Disziplinen zu tun.