© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Nix wie weg da
Bundeswehr in Mali: Berichte vom Einsatz russischer Söldner in der Sahelzone scheinen der Bundesregierung den Anlaß zum Abzug zu liefern
Peter Möller

Der Weg, den Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wählte, um die Öffentlichkeit über ihre aktuellen sicherheitspolitischen Überlegungen zu informieren, war ungewöhnlich. Nachdem berichtet worden war, die Regierung von Mali plane, bis zu tausend russische Söldner einer privaten Sicherheitsfirma ins Land zu holen, rückte die Ministerin am Mittwoch vergangener Woche ausgerechnet auf Twitter deutlich vom Einsatz der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land ab: Sollte sich die Zusammenarbeit von Mali mit russischen Söldnergruppen bestätigen, stelle das die Grundlagen des Mandats der Bundeswehr in Frage und widerspreche allem, was Deutschland, Frankreich, die EU und die Vereinten Nationen seit acht Jahren in Mali leisteten. In diesem Fall müßten gemeinsam mit dem Bundestag Konsequenzen gezogen werden.

„Keine erkennbare Strategie im deutschen Interesse“

Im politischen Berlin wurde der Tweet denn auch als deutliches Signal für den Einstieg in einen möglichen Ausstieg gewertet. Nach den katastrophalen Begleitumständen des Abzugs aus Afghanistan (siehe Seite 6) ist der Einsatz der Bundeswehr in Mali nicht nur bei Sicherheitspolitikern längst in den Fokus gerückt, zumal sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten immer weiter verschlechtert hat. Beobachter glauben daher, daß die mögliche Anwerbung von privatwirtschaftlichen Militärdienstleistern der Bundesregierung ganz recht kommt, um halbwegs gesichtswahrend einen Abzug der Bundeswehr vorzubereiten, zumal sogar die ehemalige Kolonialmacht Frankreich nun mit einem solchen Schritt gedroht hat.

Auf die Unterstützung der Opposition kann die CDU-Politikerin dabei auf jeden Fall rechnen. Als längst überfällig bezeichnete der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Rüdiger Lucassen, den deutschen Abzug aus Mali. „Fatalerweise hechelt die Bundesregierung immer der Lage hinterher. Weder am Hindukusch noch in der Sahelzone verfolgte die Bundesregierung eine erkennbare Strategie im deutschen Interesse.“

Der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner kritisierte unterdessen das Vorgehen der Ministerin. „Die Feststellung der Ministerin, daß russische Söldner nichts in Mali zu suchen haben, ist durchaus richtig“, sagte Lindner den Stuttgarter Nachrichten. „Es ist jedoch befremdlich, daß Kramp-Karrenbauer diese Debatte bei Twitter führt, ohne mit dem Parlament zu sprechen.“

Die Bundeswehr ist derzeit in Mali mit knapp tausend Soldaten an zwei Missionen der EU und der Vereinten Nationen beteiligt, um die Regierung des Landes unter anderem im Kampf gegen Islamisten zu unterstützen.