© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Inlandsflug der Woche
Gutes kommt von oben
Felix Krautkrämer

Die SPD hat sich den Kampf gegen den Klimawandel groß auf die Fahnen geschrieben. Man müsse Mobilität neu denken, heißt es im sozialdemokratischen „Zukunftsprogramm“. Alle Bürger müßten schnell, zuverlässig und klimafreundlich von A nach B gelangen können. Ziel sei es dabei, den Schadstoffausstoß auf null zu reduzieren. Bahnfahren solle deswegen, auch innereuropäisch, attraktiver werden als Fliegen. Wie das funktionieren soll, hat Kanzlerkandidat Olaf Scholz bereits im Mai verraten. Der Bundesfinanzminister will es über die Preisschraube steuern: „Kein Flug darf billiger sein als die Flughafengebühren und alle anderen Gebühren, die dafür anfallen.“ Mit seiner Forderung befindet sich Scholz ganz auf Linie mit Parteichefin Saskia Esken. Diese hatte schon im Februar Inlandsflügen eine generelle Absage erteilt und im Interview mit der Zeit befunden, kein Mensch müsse innerhalb Deutschlands fliegen. Ausnahmen könne es allenfalls für Transplantationsorgane geben, denn deren Transport sei eilig. So weit, so eindeutig. In der Praxis allerdings sieht das dann doch ein bißchen anders aus. Am Montag mußte Kanzlerkandidat Olaf Scholz als Bundesfinanzminister im Finanzauschuß des Bundestages zu den Vorwürfen gegen die Anti-Geldwäscheeinheit des Bundes und den Durchsuchungen im Finanz- sowie im Justizministerium Stellung nehmen. Deswegen mußte der SPD-Mann zwei Wahlkampfauftritte in Baden-Württemberg absagen. Einen weiteren in Esslingen wollte er aber unbedingt wahrnehmen. Die Lösung? Ein Charterflug. So ging es mit dem gemieteten Kleinflieger am Nachmittag von Berlin nach Stuttgart und dann mit der Limousine samt Polizeieskorte weiter nach Esslingen. Ob Kanzlerkandidat und Klimaschützer Scholz dabei auch Transplantationsorgane im Gepäck hatte, ist derweil unbekannt.