© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

In der US-Zentralbank stehen wichtige personelle Neubesetzungen an
Geldpolitische Probleme
Thomas Kirchner

Donald Trump nominierte Jerome Powell 2018 zum Chef der US-Zentralbank Fed, um die Zinsen niedrig zu halten. Das erklärt sich auch aus der Beinahe-Pleite seines einst noch jungen Immobilienimperiums während der Hochzinsphase der 1980er Jahre. Joe Biden hingegen sollte sich nun an seine politischen Anfänge im Senat erinnern. Unkontrollierte Inflation zusammen mit der fehlgeschlagenen Geiselbefreiung im Iran kosteten Präsident Jimmy Carter (1977 bis 1981) die Wiederwahl. Der jetzige US-Präsident hat nun mit dem Afghanistan-Abzug zu kämpfen, und Inflation steht auch schon wieder vor der Tür.

Doch trotzdem macht Biden keine Anstalten, die Geldentwertung von derzeit 5,3 Prozent einzudämmen – im Gegenteil, denn die Wirtschaft boomt: Rekordzahl offener Stellen, die Arbeitslosigkeit liegt trotz Corona unter dem Durchschnitt der vergangenen 40 Jahre. Trotzdem stimuliert die Fed die Wirtschaft weiter durch Anleihekäufe. Biden will ein Ausgabenprogramm über drei Billionen Dollar auflegen, wovon ein Teil vermutlich von der Fed monetisiert wird. Milton Friedmans berühmte Feststellung, daß Inflation „immer und überall hauptsächlich ein geldpolitisches Problem“ sei, ist in Vergessenheit geraten. Der Republikaner Powell war 2012 von Barack Obama zum Fed-Gouverneur ernannt und von Trump befördert worden. Das macht den 68jährigen Ex-Investmentbanker bei Linken zum Feindbild.

Dort wünscht man sich die 59jährige Fed-Gouverneurin Lael Brainard als Fed-Chefin. Sie setzt sich für eine stärkere Regulierung des Finanzsektors ein. Powell hatte ganz in Trumps Sinne Deregulierungen umgesetzt, was die US-Demokratin öffentlich kritisierte. Neu ist, daß sich auch 20 Nichtregierungsorganisationen in die Fed-Nominierung einmischen: Sie fordern Biden auf, künftig Kandidaten zu bevorzugen, die auf Diversität und Klimawandel achten. Sieben Gouverneure mit je 14 Jahren Amtszeit hat die Fed, die vom Präsidenten ernannt werden, obwohl sich die zwölf regionalen Fed-Niederlassungen im Privatbesitz der örtlichen Banken befinden. Powells Amtzeit reicht noch bis Februar, doch schon im Oktober wird die Ernennung eines Fed-Vizes mit Schwerpunkt Regulierung fällig.

Biden könnte die Gelegenheit nutzen, Brainard auf diesen Posten zu setzen und somit die Linke besänftigen. Derzeit sieht es so aus, als ob die Fed im November ankündigen wird, ihr Anleihekaufprogramm zu reduzieren. Doch ob das reicht, die Inflation einzudämmen, ist fraglich. Sollte der Winter kalt werden, dürften die Energiekosten weiter steigen.Die Wohnungskosten machen 23 Prozent des US-Preisindex (CPI) aus. Immobilienpreise wirken sich erst mit ein bis zwei Jahren Verzögerung aus, so daß durch den 18prozentigen Hauspreisschub in diesem Jahr die Inflationsrate noch länger hoch bleiben wird. Außerdem birgt ein Zinsschub das Risiko einer Finanz- und Staatsschuldenkrise. Die Staatsschuldenquote wird in diesem Jahr auf über 28,4 Billionen Dollar (130 Prozent der Wirtschaftsleistung) steigen. Zinsen wie vor 15 Jahren können selbst die USA nicht bezahlen. Bidens Finanzministerin Janet Yellen, von 2014 bis 2018 selbst Fed-Chefin, warb daher im Wall Street Journal schon für eine höhere US-Schuldenobergrenze. Daher wird die Fed ihre Zinsen nur moderat erhöhen können und Inflation als Schuldenabbau in Kauf nehmen. In der Eurozone mit ihrem nach wie vor hochverschuldeten Süden sieht es genauso aus, was der EZB ebenfalls die Hände bindet.