© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Deutsche Bank löscht kritische Studie über Finanzplatz Deutschland
Kritik und Selbstkritik
Martin Krüger

Ob Corona, Klima oder Zuwanderung – die Beifallsstürme für Regierung und grüne Scheinopposition kennen inzwischen keine Schamgrenze mehr. Selbst der ADAC mit seinen 21 Millionen Mitgliedern, die milliardenschwere Autoindustrie oder verbeamtete Wissenschaftler knicken vor dem eliminatorischen Zeitgeist ein. Nun wurde sogar die kritische Studie „Reformagenda für den Finanzplatz Deutschland. Viel Luft nach oben, dringender Handlungsbedarf“ von Deutsche Bank Research (DBR), der volkswirtschaftlichen Analyseabteilung des größten Kreditinstituts Deutschlands, in einer Nacht-und-Nebelaktion von der Internetseite entfernt.

Ein Sprecher der Deutschen Bank beeilte sich mitzuteilen, die Analyse spiegele nur die Ansichten des Autors Jan Schildbach wider. Diese würden weder von der Leitung der Deutschen Bank geteilt, noch sei die Kritik von der DBR-Führung autorisiert. Mehr noch: Deutsche-Bank-Vorstandschef Christian Sewing habe sich „Finanzkreisen zufolge“ persönlich bei den Spitzen des Bundesfinanzministeriums und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) für die Kritik „entschuldigt“. Die Untertänigkeit überrascht, ist doch Sewing zusammen mit Friedrich Merz und Roland Koch Präsidiumsmitglied im Wirtschaftsrat der CDU, der vor einigen Jahren noch mit kritischen Worten über Angela Merkels „Energiewende“ auffiel.

Doch Schildbach, DBR-Teamleiter Banken und Finanzmärkte, kritisiert nicht nur die vier Jahre unter SPD-Ressortchef Olaf Scholz, sondern attestiert dem Finanzplatz Deutschland insgesamt eine strukturelle Sklerose und eine „lange Liste von Fehlschlägen“. Allein die Cum-Ex-Geschäfte hätten den „deutschen Steuerzahler im wesentlichen zwischen 2007 und 2012 mehrere Milliarden Euro gekostet“ – und von 2009 bis 2017 war CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister. Es gebe in den Industrieländern kaum eine Behörde, „unter deren Augen in den letzten 15 Jahren derart viele Finanzskandale stattgefunden haben und bei denen die Finanzaufsicht insgesamt ein so schlechtes, ja teilweise dysfunktionales Bild abgegeben“ habe, wie die dem Finanzministerium unterstellte Bafin. Die Wirecard-Pleite und die Greensill-Insolvenz (JF 11/21) waren offenbar nur die Spitze schwarz-roten Versagens. Darf das nicht mehr unverblümt gesagt werden?