© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Hoffen auf konstruktiven Dialog mit der Religion des Schwertes
Huntingtons „Fehlurteil“ über den Islam
(wm)

Genau 25 Jahre alt und unvermindert aktuell: Samuel Huntingtons „Clash of Civilizations“, ins Deutsche zugespitzt als „Kampf der Kulturen“ übersetzt. Das Buch des 2008 verstorbenen US-Politologen löste bereits unmittelbar nach Erscheinen weltweit komplexe Debatten aus, die infolge der Anschläge vom 11. September 2001 und des anschließenden „Kriegs gegen den Terror“ ihren Siedepunkt erreichten, ohne bis heute auf die kühle Normaltemperatur wissenschaftlicher Kontroversen abzusinken. Für Eberhard Pausch (Evangelische Akademie Frankfurt/M.), der prüfen will, ob die Formel vom „Kampf der Kulturen“ taugt, um weltpolitische Entwicklungen seit 1996 zu verstehen, mischen sich hier „Urteil und Fehlurteil“ (zeitzeichen, 9/2021). Gerade die katalytische Wirkung des islamischen Terrors habe Huntington hellsichtig erkannt: einerseits für das Erstarken des politischen Islam, andererseits, als westliche Reaktion darauf, für die Entstehung von „Antieinwanderungsparteien“. Die hält der linientreu seinen Kirchenoberen folgende Pausch für „gefährlicher“ als die Islamisierung Europas. Darum gesteht er Huntington zu, zwar ebenso präzise die Aggressivität des Islam in Gestalt der Taliban, des Islamischen Staats und des Terrornetzwerks Al-Kaida prognostiziert zu haben. Doch sei es ein „Fehlurteil“, den Islam insgesamt als „Religion des Schwertes“ zu verteufeln und sich so der Chance auf den „konstruktiven Dialog der Kulturen und Religionen“ zu berauben. Leider mindere Huntington den analytischen Wert seines „Clash“-Konzepts auch dadurch, daß er „Rasse“ darin zu den Faktoren zählt, die die Identität von Kulturen verbürgen. 


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