© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Pisa – von der Bildungsreform zur Gefahr für die Demokratie
Unter dem Meß-Regime
(dg)

Die erste Pisa-Studie, 2000 veröffentlicht, löste einen „Von der Bildungsreform zur Gefahr für die Demokratie“-Schock aus. Eine derart „durchschlagende Wirkung“ habe die unter der Regie der OECD stehende Überprüfung schulischer Leistungsfähigkeit nur deswegen erzielt, weil, wie Karl-Heinz Dammer (PH Heidelberg) resümiert, Politiker von der übertriebenen Angst geschüttelt wurden, Deutschland als Wirtschaftsstandort könnte im globalen Wettbewerb zurückfallen, „wenn es seine Köpfe nicht effizient genug bewirtschaftet“. Da dieses Bedrohungsszenario bei jedem weiteren im Drei-Jahres-Rhythmus durchgeführten Pisa-Test im Raum stand, erfaßte diese Angst auch die Öffentlichkeit. Nur darum ließen sich damit begründete, an Reichweite alle Reformversuche der 1970er weit übertreffende „Reformen“, die seitdem faktisch zur Unterwerfung des deutschen Bildungssystems unter ein angelsächsisches „Meß-Regime“ geführt haben, ohne größeren Widerstand durchsetzen. Pisas „bezifferter Qualitätsnachweis“ reduziere Bildungspolitik auf die Aufgabe, ökonomisch verwertbares „Humankapital“ zu produzieren und die Gesellschaft sozialtechnologisch perfekt beherrschbar zu machen. Damit erweise sich die von Abstiegsängsten befeuerte „Allianz von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit“, für die „Experten“ des Deutschen Pisa-Konsortiums mit ihrer „primär ökonomischen Agenda“ nationale Bildungsstandards nach dem „umstrittenen wissenschaftlichen Modell des Quantifizierens und Messens“ festlegen, heute „als Gefahr für die Demokratie“. Eine zivilgesellschaftliche „Gegenöffentlichkeit“ sollte darüber aufklären (Pädagogische Führung, 4/2021). 


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