© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Widerstand ist geboten
Lothar Maier beklagt die Deutschland grassierende Dekonstruktion des Nationalbewußtseins
Albrecht Rothacher

Der Hamburger Professor für Verbraucherpolitik war bis zu seiner Emeritierung weltweit in Sachen Verbraucherschutzorganisation aktiv. Danach widmete sich Lothar Maier der Stuttgarter Kommunalpolitik und saß die letzte Legislaturperiode  für die AfD im Bundestag. Sein Buch, das sich kritisch, sachkundig und engagiert mit der systematisch angelegten Zersetzung der deutschen Nation und der europäischen Zivilisation auseinandersetzt, gewinnt ganz offenkundig von den vielfältigen internationalen und politischen Erfahrungen des Autors. Er definiert den Nationenbegriff als gemeinsame Denk- und Verhaltensweisen und kollektive Handlungspräferenzen der europäischen Nationen, die unabhängig von der aktuellen politischen Verfaßtheit und vom individuellen Denken bestehen. 

Auch in den separatistischen und autonomistischen Bewegungen in Europa: in Schottland, Katalonien, Korsika, dem Baskenland, Flandern, Südtirol, der Bretagne und dem Elsaß empfinden die Menschen kollektiv mit ihrer eigenen Sprache und Lebensweise eine unterschiedliche Identität zur Titularnation. Während in Deutschland der Nationalstaat als überholt und angeblich kriegstreibend denunziert wird, gilt er interessanterweise in Afrika als Schlüssel zur Modernisierung und Entwicklung. „Nationbuilding“ haben sich alle Entwicklungsdienste aufs Panier geschrieben. Es gilt nationale Identitätsgefühle und effektive nationale Strukturen für moderne, funktionsfähige und solidarische Staaten aufzubauen, um die tradierten Stammesloyalitäten und Klan-Egoismen abzulösen, die Willkür, Rechtsunsicherheit, Rückständigkeit und Dauerkonflikte schaffen.

Dennoch tut Deutschlands politische und mediale Klasse alles, um die deutsche nationale Identität zu zerstören, und ergötzt sich an Weltstaatsphantasien, die von US-Milliardären zum eigenen Nutzen gefördert werden, in dem ein „multikulturelles Siedlungsgebiet“ in Mitteleuropa als eine „bunte Armutsgesellschaft“ aufgehen soll. Es beginnt mit der Denunziation der deutschen Nationalgeschichte als einem Verbrecheralbum, in dem alle Großen von Karl V., über Luther, Friedrich den Großen bis hin zu Goethe und Bismarck zielgerichtet Hitler den Boden bereiteten. So ist die Verleugnung von Nation und Volk an der Spitze des Staates und des linken Meinungskartells angekommen, mit der Desintegration der Gesellschaft, der die nationale Solidarität zunehmend abgeht, als sichtbare Folge. Der allseits propagierte „Verfassungspatriotismus“ bleibt eine Leerformel und kein Ersatz, denn parlamentarische Prozesse, so Maier, sind kein Identifikationsobjekt und begründen keine Schicksalsgemeinschaft mit einer gemeinsamen Vergangenheit und einem geistigen Erbe. 

Die europäische Zivilisation im Visier linker Identitätspolitik

Dazu wird die Sprache durch eine Flut überflüssiger und oft falsch verwendeter Anglizismen geflutet. Ein ungrammatisches Einwandererdeutsch, das von einem Viertel der Wohnbevölkerung gesprochen wird, breitet sich aus. An Schulen wird, bedingt durch ausländische Schüler und den Fernunterricht, mehr und mehr vereinfachtes Deutsch gelehrt und mit Testen zum Ankreuzen geprüft. Die Lektüre, das Verstehen und das Schreiben komplexer Sätze bleiben auf der Strecke. Der Zugang zur literarischen Tradition und Hochkultur Deutschlands wird damit versperrt. Die Werke unserer Dichter und Denker werden stattdessen nach unliebsamen Zitaten durchschnüffelt. Ein Regietheater, das unfähig zu werkgetreuen Inszenierungen ist, tut ein Übriges. 

Im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung, die aus den USA nach Europa überschwappte, gelang es einer radikalisierten Meinungslinken binnen kurzer Zeit, 500 Jahre europäischer Geschichte als rassistisch zu kriminalisieren und dies in offen rassistischer Absicht: Eine linke Identitätspolitik will privilegierte Quoten nach Hautfarbe von der Werbung über den Polizeidienst bis zu Aufsichtsräten, sowie die Zurückdrängung der europäischen „weißen“ Zivilisation, die ohnehin von der linken Agitation, die mittlerweile auch die Lehre an Schulen und Hochschulen dominiert, als rassistisch, imperialistisch und sexistisch geschmäht wird. Der Angriff auf die europäische Hochkultur äußert sich in einer massiven Denkmalstürmerei, vor der nicht einmal Kant, Beethoven oder Astrid Lindgren sicher sind. So gut wie alle Schriftsteller, Wissenschaftler, Historiker, Philosophen, Musiker, Theologen, Künstler und Staatsmänner werden unter Generalverdacht gestellt. Es beginnt bei Straßenumbenennungen und endet bei der Zensur ihrer Werke, ihrer Indizierung und der damnatio memoriae, der versuchten Auslöschung ihrer Erinnerung. 

Selbst die Bibel wird von Korrektheitswächtern, die von alles anderem als vom Heiligen Geist erleuchtet sind, in „gerechte“ politisch korrekte Sprache umgetextet. Ohnehin wird die christliche Religion vom zeitgeistigen himmlischen Bodenpersonal nach und nach zu einem Kult der Beliebigkeit aufgelöst, während die Einwanderer sehr feste Überzeugungen und unerschütterliche Traditionen mitbringen, die sie in abgeschotteten Parallelgesellschaften mit eigenen „Kultur“- und Sportklubs, eigenen Medien und Moscheen mit einer Paralleljustiz und Clanherrschaften in ihren gesonderten Stadtteilen als eigenen Territorien kultivieren. 

Der Widerstand der autochthonen Deutschen wird durch eine immer umfassendere Zensur, eine systematische Medienmanipulation vom Anzeigenblatt bis zum Staatfernsehen, die schleichende Einschränkung der Grundrechte, die Indoktrination der Jungen im Bildungswesen von der Kita bis zur Uni sowie dem absichtsvollen Geschichts- und nationalen Identitätsverlust gebrochen. Effektiv wirkt da die berühmte „Schweigespirale“. Wenige trauen sich dem herrschenden linken Meinungskartell offen zu widersprechen. Dazu kommt der häufige Wunsch, sich nach allen Seiten absichernd, nicht mit sozialer Ausgrenzung in Beruf, Freundeskreis und Familie bestraft zu werden.

Lothar Maier hat ein spannendes Buch außerordentlich sachkundig und lebendig geschrieben, es auch mit vielen bestürzenden Beispielen aus dem Narrenschiff der Berliner Politik und der Stuttgarter und Hamburger Kommunalpolitik, die mit Steuermitteln ihre Klientel mit absurden „Kultur“-Projekten reichlich alimentiert, anschaulich angereichert. Dar Autor zitiert übrigens auch gern aus der JUNGEN FREIHEIT! Maier endet mit dem Appell: „Und so gilt es für die Nation, die Fesseln der antideutschen Narrative abzuschütteln, die Zerstörer der Kultur zu entwaffnen und den Wert des Eigenen wiederzuentdecken.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Lothar Maier: Was von Deutschland übrigbleibt. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2021, broschiert, 217 Seiten, 16,99 Euro

Foto: Geschändetes Hegel-Denkmal in Berlin 2013: Fortwährende Angriffe auf die europäische Hochkultur