© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Zukunft grün und gut
Der Journalist Roman Deininger porträtiert die CSU allzu sanft
Erik Lommatzsch

Als bayerischer Ministerpräsident habe Markus Söder eine regelrechte „Gutwerdung“ vollzogen. Zunächst gab es noch böse Worte wie „Asyltourismus“ und „Asylgehalt“, die Nähe zu Forderungen der AfD wurde einfach ignoriert. Dann die Kehrtwende: Streichung von Vokabular und Frontalangriff gegen Rechts. Roman Deininger von der Süddeutschen Zeitung goutiert das in seinem Porträt über die CSU. Klima und Umwelt spielen jetzt eine ganz große Rolle, auch dafür erfährt Söder Lob. Als Umweltminister hatte er bereits entsprechende Neigungen, mit dem Wechsel ins Finanzressort 2011 wechselten dann jedoch die Prioritäten. Deininger ist nicht unkritisch. Daß er Söder als prinzipienfreien Machtpolitiker vorführt, lag aber wohl nicht in seiner Absicht.

Gegenwart und Zukunft der CSU prägen das Buch, etwa die Frage, ob sie eine „Volkspartei“ bleiben wird. Etwas dürftig stellt sich dem nicht völlig unkundigen Leser der historische Teil dar. Söder streckt die Fühler in Richtung Grüne aus, was der Autor mit unverhohlener Sympathie beurteilt. Zu Wort kommen auch viele ehemalige CSU-Altvordere wie Edmund Stoiber, Erwin Huber oder Alois Glück. Horst Seehofer ist einer der wenigen CSUler, die etwas schlechter wegkommen, sein unwürdiger, noch andauernder Abgang in Raten wird geschildert. Das – kaum glaubwürdige – Aufbäumen der Partei in der „Flüchtlingspolitik“ im Sommer 2018 schreibt Deininger gar zur „Staatskrise“ hoch. Lästig sind die häufigen Redundanzen, etwa daß die CSU eine „bayerische Dynastie“ sei oder sich so verstehe. 

Insgesamt ist das „Bildnis der speziellen Partei“ in sehr hellen Farben gezeichnet. Auf Affären wird hingewiesen, viel Unappetitliches bleibt aber draußen, etwa das milde Urteil für Otto Wiesheu nach dem von ihm alkoholbedingt verursachten tödlichen Unfall und seine spätere Ernennung zum Minister, unter anderem für Verkehr. Manfred Webers rückgratloses Weiterdienen nach dem Debakel um die Präsidentschaft der EU-Kommission erfährt eine ähnlich sanfte Behandlung. Die parteipolitischen Mitbewerber werden in ihrem Bezug zur CSU unisono wohlwollend betrachtet. Mit Ausnahme der AfD, für den Autor nicht weniger als eine Abartigkeit. Und um „rechtsradikale Narren“, die diese Partei wählen, habe die CSU schon viel zu zu viel geworben. 

Nach Deininger handelt es sich „wohl um das größte aller Mißverständnisse, daß die CSU eine konservative Partei ist“. Die CDU habe ihren konservativen Kern längst „abgeschliffen“, jubiliert er. Daß er damit allerdings der AfD ihren berechtigten Platz zuweist, scheint ihm entgangen zu sein.

Roman Deininger: Die CSU. Bildnis einer speziellen Partei. Verlag C.H. Beck München 2020, gebunden, 352 Seiten, 24 Euro