© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/21 / 24. September 2021

Ein neokolonialer „Green New Deal“
Südkoreas grüner Biodiesel aus Palmöl und die subventionierte Regenwaldrodung in Westneuguinea
Christoph Keller

Da sich die Kohlevorkommen auf den kommunistischen Norden der Halbinsel konzentrieren, ist Südkorea zu 97 Prozent auf Energieimporte angewiesen. Doch die Wirtschaft wächst, daher soll die Stromerzeugungskapazität bis 2030 von derzeit 127,8 auf 173 Gigawatt (GW) steigen: 29,9 Prozent sollen dann laut Energieministerium (Motie) mit Kohle, 25 Prozent mit Kernkraft und 23,3 Prozent mit Flüssiggas (LNG) erzeugt werden. Um die Importabhängigkeit zu reduzieren, soll der Anteil der erneuerbaren Energiequellen (Solar-, Wind- oder Wasserkraft, Pumpspeicher) von 7,1 auf 21,8 Prozent steigen.

Auch die Erdölimporte für Verkehr und Chemie sollen im Rahmen des 2020 verkündeten südkoreanischen „Green New Deal“ substituiert werden – vor allem durch Palmöl „als erneuerbarem Rohstoff“ für Biodiesel. Wie Seulki Lee berichtet (Welt-Sichten, 4-5/21), wird damit nur ein altes Entwicklungsprojekt als „ökologisch nachhaltig“ verkauft und „grün“ angestrichen. Bereits 1995 stieß die Korindo Group ins einst niederländische und seit 1969 indonesische Westneuguinea vor, wo deren Tochterfirma PT Tunas Sawa Erma die Genehmigung zum Ölpalmenanbau erwarb.

Auf 7.800 Hektar zuvor abgeholzter Regenwaldfläche wurde angepflanzt und so der Grundstein für eine massive südkoreanische Ressourcenausbeutung gelegt, an der sich ab 2007 sechs weitere Firmen beteiligten. 2008 integrierte Südkorea diesen Zugriff auf das Territorium und die Rohstoffe der dortigen Ureinwohner in sein Programm zur „Entwicklung ausländischer Agrarressourcen“. Somit galt Palmöl als „strategisches Gut“, und die Forstbehörde (Korea Forest Service/KFS) klassifizierte die überseeischen Anbauflächen als „Bioenergie-Aufforstungsprojekte“. Unter bewußter Begriffsverdrehung, wie Lee kritisiert, da darunter nicht mehr das Baumpflanzen zum Nutzen des Umweltschutzes, sondern „die Abholzung von Tropenwald für den Anbau von Monokulturen“ gefaßt wird.

Nationale Rohstoffsicherung als Klimaschutz-Maßnahmen tituliert

Staatliche Kredite finanzieren seitdem zu 70 Prozent die Geschäftskosten privater Unternehmen, damit sie im Ausland Weizen, Sojabohnen, Mais oder Palmöl für südkoreanische Konsumenten erzeugen. Die insgesamt drei PT-Firmen gehören seit April zwar nicht mehr zu Korinda, sondern zur TSE Group, doch Südkoreas Palmölmarkt wächst weiter. Importierte das ostasiatische Land 2005 noch 194.000 Tonnen Palmöl, waren es 2019 schon 745.000 Tonnen – deren Produktion der KFS bis 2019 mit 165 Millionen Euro subventionierte.

Strategische Investitionen, die von „Klimaschutz-Maßnahmen“ begleitet wurden: Seit 2015 müssen südkoreanische Firmen, die Kraftstoffe aus Erdöl im- oder exportieren, sicherstellen, daß diese 2,5 Prozent Bio-Anteil haben. Diese Quote liegt inzwischen bei drei Prozent. Und von Südkoreas Biodiesel-Importen machen Palmöl und seine Nebenprodukte 88 Prozent aus. Hauptbestandteil des Biodiesels ist ein Palmfettsäure-Destillat. Es weist eine Kohlenstoffintensität auf, die zu 5,7mal mehr CO2-Emissionen führt als alternative Öle. Deshalb ist dieses Destillat in den USA und in Großbritannien nicht für die Biodiesel-Erzeugung zugelassen. Die EU plant sogar, bis 2030 vollständig auf palmölbasierte Kraftstoffe zu verzichten. Ins internationale Rampenlicht geriet Südkoreas „neokoloniale“ Rohstoffsicherung (wie Umweltschützer monieren), als 2016 Satelliten- und Drohnenbilder dokumentierten, daß Korindo 30.000 Hektar und der Konkurrent Posca International 19.000 Hektar Regenwald gerodet hatten. Was nicht nur die Artenvielfalt reduziert, sondern die Lebensgrundlagen der Ureinwohner zerstört, von denen viele schon von ihrem Waldland vertrieben worden sind.

Der Vorwurf, daß Korindo dabei auch vor illegalen Brandrodungen nicht zurückschrecke, konnte nicht bewiesen werden. Trotzdem, so Lee, hätten Kampagnen von Umwelt- und Menschenrechtsschützern so viel öffentlichen Druck aufgebaut, daß Korinda gelobte, seine Standards für die Erzeugung von Palmöl und Holz zu verbessern und Posca International eine „Nullabholzungspolitik“ für seine Plantagen proklamierte. Indonesien hat allerdings kein Interesse an einem Ende der Palmölerzeugung: Diese Exporte brachten dem 270-Millionen-Einwohner-Schwellenland 2020 laut Palmölverband Gapki 19 Milliarden Dollar ein. 

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