© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
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Paul Rosen

Scheiden tut weh. An diese Volksweisheit werden sich viele Abgeordnete des Bundestages erinnert fühlen, die mit der Bundestagswahl vom vergangenen Sonntag ihr Mandat verloren haben. Viele haben freiwillig aufgegeben, für andere, besonders bei CDU/CSU und Linken, kam der Mandatsverlust unerwartet. Wann das Mandat endet, ist klar festgelegt: gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages spätestens 30 Tage nach der Wahl. Den 26. Oktober haben die Fraktionen bereits für die Eröffnungssitzung fest vereinbart.  

Die Bundestagsverwaltung hat für die ausscheidenden Abgeordneten bereits eine Checkliste aufgestellt, wann die schönen Privilegien enden. So gibt es die Diäten (10.012,89 Euro monatlich) nur noch bis Ende Oktober. Dann ist Schluß. Kleiner Trost: Die steuerfreie Kostenpauschale in Höhe von 4.580,59 Euro gibt es noch einen Monat länger. Davon sollen Ausgaben bestritten werden, die bei der Ausübung des Mandats anfallen – das Ausgeschiedene im November gar nicht mehr ausüben.

Abgeordnete haben – was weitgehend unbekannt ist – auch einen Diplomatenpaß. Der erleichtert den Grenzübertritt und die Wiedereinreise ohne lästige Kontrollen. Die Diplomatenpässe müssen ebenso wie der Abgeordnetenausweis einen Tag vor der Konstituierung des neuen Bundestages zurückgegeben werden. Zum Trost gibt es einen „Ehemaligenausweis“, der zum Betreten der Bundestagsgebäude berechtigt. Allerdings müssen die Ehemaligen wie andere Besucher durch die Sicherheitskontrollen.

Schluß ist auch mit den kostenfreien Büros in den Liegenschaften des Parlaments. Der Geräteservice soll unverzüglich kontaktiert werden, damit Kühlschränke und Fernseher abgeholt werden können, und der IT-Service will auch möglichst schnell Computer, Laptops, Drucker, Scanner und anderes Gerät einsammeln. Das geschieht kurzfristig auch in den Wahlkreisbüros in der Heimat der Ex-Abgeordneten. Bundestagsmitarbeiter werden in Kürze an den Bürotüren klingeln, um die IT abzuholen. Immerhin bleibt das E-Mail-Postfach des Abgeordneten im Bundestag noch für drei Monate erhalten. Um die Mails zu lesen, muß man aber ein privates Gerät benutzen. Denn Dienst-Handys und -Tablets sind ebenfalls Geschichte.  

Bei Aufenthalten in Berlin endet 14 Tage nach der Konstituierung des neuen Parlaments ein Luxus: Die Nutzung der Fahrbereitschaft ist nicht mehr möglich. Die Fahrbereitschaft besteht aus großen dunklen Limousinen mit Fahrern, die die Abgeordneten kreuz und quer durch die Hauptstadt fahren und zum Flughafen. Die Senator-Card der Lufthansa muß 14 Tage nach der Konstituierung ebenso zurückgegeben werden wie die kostenlose Bahncard 100 für die 1. Klasse, die für den Normalbürger 6.812 Euro im Jahr kostet.

Die Ausgabestelle für kostenloses Büromaterial steht auch nicht mehr zur Verfügung. Kundige Thebaner dürften sich ihren Montblanc-Füller jedoch noch rechtzeitig gesichert haben.