© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

Grüße aus … Athen
Little Amal erregt Gemüter
Panayotis H. Doumas

Das Bild, in dem der Papst die 3,50 Meter große Marionette Little Amal mit einem Händeschütteln grüßt und dann gleich danach segnet, hat keinen besonderen Eindruck bei den Griechen hinterlassen. Eher im Gegenteil. Nicht weil ihr eigener religiöser Prälat, der Erzbischof von Athen Ieronimos, dies auch während des Besuchs von Amal in Athen nicht getan hat, sondern weil Amal ganz bewußt auf die „Notlage junger Flüchtlinge“ aus Asien und Afrika hinweisen will, deren Präsenz sowohl auf den griechischen Inseln als auch in Athen für manch Unmut sorgt.

Die Amal-Truppe, begleitet von Mitgliedern von NGOs, Feministinnen, Aktivisten der griechischen Linken und der alternativen Szene, fing sobald die Kameras auftauchten, an, Amal zu herzen und zu küssen, als handele es sich um eine echte Person. „Hallo, Amal, wie geht es dir? Willkommen! Hallo, Amal! Hallo!“ 

„In einer Zeit, da die öffentliche Debatte so polarisiert ist und sichere und legale Wege für Flüchtlinge geschlossen werden, kommt der Kunst eine entscheidende Rolle zu, wenn es darum geht, die Diskussion zu verändern und Menschen zusammenzubringen“, erklärt Beth Gardiner-Smith, Geschäftsführerin von Safe Passage.

Der Bürgermeister erlaubte den NGOs nicht, mit der Marionette durch die Innenstadt zu marschieren.

Doch in Kalabaka, einer Kleinstadt im Schatten der Felsen von Meteora in Zentralgriechenland, sah man das anders. Amal wurde nicht nur von einem Teil der lokalen Bevölkerung als unerwünscht betrachtet. Der Bürgermeister selbst lehnte den Antrag der NGO ab und erlaubte ihnen nicht, mit der Marionette durch die Innenstadt zu marschieren.

In Larissa zwang eine Gruppe Stadtbewohner trotz starker Polizeipräsenz Amals Team, einen Teil der geplanten Veranstaltungen abzusagen. Demonstranten hielten Ikonen und religiöse Symbole in die Höhe, um Amal zu „exorzieren“. Dasselbe passierte in Athen, wo Amal es nicht schaffte, durch Metaxurgio, ein Viertel im Zentrum der Hauptstadt, zu gelangen, da die Bewohner die Straße zum Zentralplatz des Viertels gesperrt hatten. 

Der Grund dafür? Die große Mehrheit der Griechen sind tiefgläubig Christen. Entsprechend enthielten sie sich aufgrund der Pandemie jeglicher religiösen Versammlungen. Am 15. August wurde zudem die traditionelle Prozession der Ikone der Heiligen Maria im ganzen Land für die Feier von Mariä Himmelfahrt verboten. Doch während die religiösen Traditionen verboten sind, feiern Hunderte Pakistaner ohne Einschränkung mitten in Athen und Hunderte tanzen um Little Amal.  Nach Griechenland wird Little Amal nach Italien, Frankreich, in die Schweiz, nach Deutschland, Belgien und schließlich nach England reisen, wo ihre Tour am 3. November in Manchester enden soll.