© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Es gibt ein Slawenmuseum bei Groß Raden in Mecklenburg-Vorpommern und Keltenmuseen am Glauberg, bei Hochdorf sowie zahlreiche kleinere Ausstellungsstätten. Aber es gibt kein Germanenmuseum. Wäre es nicht an der Zeit, dieser Art von Ahnendiskriminierung ein Ende zu bereiten?

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Der Philosoph Matthias Warkus schreibt für Spektrum der Wissenschaft eine Kolumne. In der jüngsten erklärt er dem geneigten Leser, wie der Staat zu seiner Macht kommt. Interessant ist dabei, daß Warkus nicht nur die traditionellen Herrschaftsbegründungen als obsolet betrachtet, sondern auch die Idee des Gesellschaftsvertrages. Wenig überzeugend wirkt allerdings der Rekurs auf John Rawls und die Ableitung von Legitimität aus der Wahrnehmung der eigentlichen Interessen der Staatsbürger. Etwas mehr Wirklichkeitssinn hätte man erwarten dürfen. Denn diesem Kriterium dürften kaum 10 Prozent aller heute existierenden Republiken, Monarchien, Theokratien, Despotien oder tribalen Systeme genügen. Was sie nicht daran hindert, da zu sein und erfolgreich Macht zu beanspruchen.

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Das Nebeneinander von Pannen bei der Durchführung der Bundestagswahl in Berlin, der Erfolg der Grünen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus daselbst und die breite Zustimmung zur Enteignung von Wohneigentum im Rahmen eines Volksentscheids können nicht als Zufall betrachtet werden. In Berlin ist seit den 1960er Jahren ein ungesunder Bevölkerungsmix entstanden, dem eine strukturlinke Orientierung im Politischen, ideologische Verblendung und ein wachsendes Maß administrativer Inkompetenz entsprechen.

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Drei Meldungen an einem Tag: Lehrer Gregor D. steht in Berlin vor Gericht, weil er im Bezirk Schöneberg acht selbstgebaute Rohrbomben gezündet hat; zur Erklärung gab der Dreißigjährige an, daß er zum Tatzeitpunkt „extrem viel getrunken und gekifft“ und ihn der „Frust“ über die Situation an der Brennpunktschule, an der er unterrichtete, zu den Taten getrieben habe; Xavier Novell, seines Zeichens Bischof der kleinen katalanischen Diözese von Solsona, hat den Papst um Entbindung von seinen Amtspflichten gebeten und die Laisierung beantragt, um seine Geliebte Silvia Caballol – eine Autorin von Softpornos – zu heiraten; die English Touring Opera entläßt die Hälfte ihres Orchesters, mit der Begründung, daß diese – weißen – Künstler zu gehen hätten, um mehr Diversität Platz zu machen.

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Halluzination: „Die Maaßens und Le Pens, Kickls, Weidels und Salvinis, die Gaulands und Sellners, die Höckes, Sarrazins, Hofers und Kubitscheks dieser, unserer Welt haben das Zepter fester denn je in der Hand.“ (Thomas Wendrich, Drehbuchautor des Films „Je suis Karl“, in einem Beitrag für Welt Online vom 22. September; Leservotum unmittelbar nach Erscheinen: 7 Personen teilten die Meinung des Verfassers, 149 nicht).

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Ich werde den Verdacht nicht los, daß sich der Aufstieg der „Sozialisation“ parallel zum Verfall der „Erziehung“ vollzogen hat.

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Der in den USA als reguläre Religionsgemeinschaft anerkannte „Tempel Satans“ hat einen Antrag gestellt, vom strikten Abtreibungsverbot ausgenommen zu werden, das ein neues texanisches Gesetz festlegt. Man beruft sich dazu auf den Religious Freedom Restoration Act und behauptet, daß Satanisten eine Abtreibung als rituelle Handlung betrachteten, vergleichbar den Sakramenten der christlichen Kirche. Man könnte das als Bizarrerie abtun, wenn nicht ein so einflußreiches amerikanisches Online-Organ wie Salon (im Durchschnitt eine Million Nutzer täglich) die Auffassung vertreten hätte, daß die Satanisten die „letzte, beste Hoffnung“ des Liberalismus seien. Die britische Journalistin Mary Harrington weist darauf hin, daß diese Vorstellung nicht so weit hergeholt ist. Aleister Crowley, der sich gern mit dem apokalyptischen Titel „Das große Tier 666“ schmückte und der einflußreichste Satanist der jüngeren Vergangenheit gewesen sein dürfte, erklärte zu seiner Handlungsmaxime: „Tu was Du willst, das ist das ganze Gesetz!“ Ein Slogan, dem wahrscheinlich die meisten Liberalen zustimmen würden.

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Bildungsbericht in loser Folge: Die Ergebnisse des „Bildungsmonitors 2021“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, der auf einem Lesetest der 4. Klasse und einem Test in Mathematik und Naturwissenschaften der 9. Klassen beruht, zeigt auf den ersten beiden Plätzen die Bundesländer Sachsen und Bayern, auf den letzten Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Berlin, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Bremen. Generell kann man sagen, daß die besten Schülerleistungen in Ländern erbracht werden, die der sogenannten „Freiheit des Elternwillens“ – im Klartext: die Eltern entscheiden, welche Schulform die richtige für ihr Kind ist – einen Riegel vorgeschoben haben.

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Steigerung: Phase 1 – „Gern geschehen“; Phase 2 – „Sehr gerne“; Phase 3 – „Sehr, sehr gerne“; Phase 4 – „Super sehr gerne“.

Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 15. Oktober in der JF-Ausgabe 42/21.