© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

Frisch gepreßt

Neoliberalismus. Für die einen ist der Begriff Neoliberalismus ein Synonym für entfesselte Kräfte des Turbo- oder „Raubtierkapitalismus“ (Helmut Schmidt) angelsächsischer Prägung. Andere bezeichnen so die lediglich verschärfte und globalisierte Version des altliberalen Ellenbogen-Imperativs des Laissez-faire. Irgendeine Realität dazwischen bildet der Begriff jedenfalls ab, denn er ist mehr als der „Fiebertraum“ jener Gegner, die ihn als „polemisches Instrument ihrer Diffamierungskampagnen“ verwenden. Also: „Was ist Neoliberalismus?“. Eine komplexe Antwort darauf gibt Thomas Biebrichers (Copenhagen Business School) tief ins 20. Jahrhundert zurück führende ideenhistorische Habilitationsschrift über die „Theorie des Neoliberalismus“. Die zu einem für Globalisierungskritiker wohl verblüffenden, wenn auch keineswegs beruhigenden Befund kommt: Die neoliberalen Gründungsväter waren keine Marktfundamentalisten. Vielmehr sei gerade der Markt für sie zum Problem geworden, weil sie im Schatten der Weltwirtschaftskrise von 1929 erkannt hätten, daß es keine haltbare Position sei, den „ehernen Gesetzen des Ökonomischen“ einfach dabei zuzuschauen, wie sie die Dinge vermeintlich „ganz von selbst regeln“. Die Besinnung auf diese Einsicht dürfte Beobachtern der Brüsseler Politik helfen, das jetzt in die nächste Runde gehende Ringen um die ordoliberale Neuausrichtung der womöglich bald mit eigenständigem Steuerrecht ausgestatteten EU zu verstehen. (wm)

Thomas Biebricher: Die politische Theorie des Neoliberalismus, Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, 345 Seiten, 22 Euro





Unionskritik. Viele Konservative beklagten in den vergangenen Jahren den Verlust der politischen Heimat in der CDU. Zu ihnen gehört auch Eugen Abler. Als Konsequenz auf die Entwicklungen in der Union trat der Baden-Württemberger nach 43 Jahren Mitgliedschaft aus. Nun rechnet er in einem Rundumschlag mit der Partei ab. In seinem Buch „Der Verrat am C“ beklagt er den Verfall der christlich-konservativen Werte in der Union. Bekannt geworden war Abler vor allem aufgrund seiner negativen Haltung gegenüber Abtreibungen, die er auch in seinem Werk ausführlich beschreibt. In seinen Standpunkten pocht das ehemalige Unions-Mitglied auf die Bewahrung des traditionellen Familienbildes. Für Gender­ideologie, Adoptionsrecht für Homosexuelle und die Ehe für alle ist in Ablers Wertesystem kein Platz. Die Veränderungen in der Partei sieht das langjährige Mitglied aber auch in Themen wie Migration und Energiewende – und findet schnell Schuldige. (es)

Eugen Abler: Der Verrat am C. Einsichten und Ansichten eines ehemaligen CDU-Mitglieds. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2021, broschiert, 320 Seiten, 18,90 Euro