© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

Kabinenklatsch
Sportlich top, politisch flop
Ronald Berthold

Was Christian Streich sportlich leistet, nötigt mir Respekt ab. Mit wenig Geld schafft es der Trainer jede Saison, mit seinem SC Freiburg locker die Klasse zu halten. Oft läßt der 56jährige sogar Top-Teams hinter sich. Menschlich ist mir der Typ aber unsympathisch. Das liegt nicht an seinem südbadischen Dialekt. Streich pflegt ihn mit einer Penetranz, die mich nervt. Immerhin könnte man dahinter einen heimatverbundenen Menschen vermuten.

Als Liberaler habe ich auch nichts gegen seine politische Meinung. Soll jeder denken, was er will. Aber als er den 2015 als „Flüchtling“ ins Land gekommenen Mörder einer Freiburger Studentin als „Bub“ bemitleidete, ging mir das – sagen wir mal so – zu weit. Schlimm sei doch, daß Kritiker der Masseneinwanderung das Verbrechen instrumentalisieren könnten. Sogar als linke Bayern-Fans Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp beleidigten, war für Streich irgendwie die AfD schuld. Kann er alles glauben, aber warum erzählt er das immer auf Pressekonferenzen? Natürlich weil der Sendungsbewußte gefeiert werden will. Und das nervt mich noch mehr als seine Mundart.

Nun verkündete er, daß der SC Freiburg wie eine Eins steht – nicht auf dem Platz, sondern in der Wahlkabine. Jeder müsse „die wirklich demokratischen Parteien“ wählen: „Und das wird von uns allen so gemacht.“ Dafür habe er mit einer Kabinenansprache gesorgt. Ob der Grünen-Fan mit dem Wahlergebnis zufrieden ist, weiß ich nicht. Aber wichtiger dürfte Streich sein, daß er mit sich selbst „högschdzufrieden“ ist. Auf mich hört zwar sowieso keiner, aber ich rufe ihm zu: Schuster bleib bei deinen Leisten. Denn von Fußball verstehst du wirklich was. Politisch bist du naiv.