© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/21 / 01. Oktober 2021

Liebe Leser
Dieter Stein

der Fall von Georg Thiel macht die Schieflage des öffentlich-rechtlichen Runkfunks deutlich. Der von seinen Anhängern als GEZ-Gandhi betitelte Thiel hätte seine „Demokratie-Abgabe“ – so blumig umschrieb Ex-WDR-Chef Jörg Schönenborn einst die verkappte Steuer – „freiwilig“ zahlen können und so die sechsmonatige Haft in Münster umgehen. Allein er wollte nicht. Im Exklusiv-Interview erklärt der Verweigerer seine Intention und seine Pläne. So viel vorab: Erst in zwei Jahren könnte der WDR Thiel wieder ins Gefängnis bringen – wegen dann knapp 1.000 Euro.


Der Rundfunksender hat bis zuletzt widersprochen und behauptet, seinetwegen müsse niemand ins Gefängnis. Die Haft sei von den Behörden angeordnet worden. Und man könne da nichts machen. Doch wie die JF mit offiziellen Akten in dieser Broschüre dokumentiert, trieb der WDR die Verhaftung voran und wies sogar mehrfach Angebote der Erfüllungsbehörde in Borken zurück, Thiel freizulassen. Der Stadt indes waren die Hände gebunden.


Es ist eine gigantische Meinungsmacht, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ausstrahlt. Eine Macht auf tönernen Füßen, die dem Grundgesetz erst durch eine Formulierung des Bundesverfassungsgerichts nachträglich untergejubelt wurde. Die jüngste Entscheidung aus Karlsruhe über das Nein zur Beitragserhöhung aus Sachsen-Anhalt setzt da nur noch eins drauf und zeigt einmal mehr wie Politik, Medien und Rechtsprechung Hand in Hand gehen. Den Parlamentariern in Magdeburg bleibt seither nur die Möglichkeit, die Beitragserhöhung „freiwillig“ anzunehmen oder eben gezwungen zu werden. Ist das demokratisch?


Wir dokumentieren in diesem „JF Spezial“ die wichtigsten Ergebnisse unserer Recherchen, um über die Hintergründe aufzuklären.


Nichts anderes sollte die Aufgabe von unabhängigem Journalismus sein.


Ihr 

Dieter Stein

Chefredakteur