© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/21 / 08. Oktober 2021

China: Nach Evergrande nun Zahlungsprobleme bei Fantasia Holdings
Deutschland ist zu abhängig
Stefan Kofner

Nach Evergrande steckt nun die kleinere Fantasia Holdings Group in Zahlungsschwierigkeiten. Das könnte den Anfang einer Pleitewelle in der chinesischen Immobilienbranche markieren – unternehmerische Hybris trifft dabei auf einen sich abkühlenden Wohnungsmarkt. Verschärft wird die Lage durch das Anziehen der Regulierungsschrauben in Form der „drei roten Linien“ zur Begrenzung der Verschuldung im Immobiliensektor (JF 40/21). Die Verkäufe von Bauland und Neubauwohnungen stocken, und die Vertrauenskrise behindert die Refinanzierung der Projektentwickler. Das bedroht wiederum die Kommunalfinanzen und schlägt auf die Bauinvestitionen durch.

Chinas Wachstumsmodell steht nun in Frage, denn das Reich der Mitte ist völlig „überbaut“. Der Bau- und Immobiliensektor steht für fast 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Unverkaufte Wohnungen, in den man die gesamte Bevölkerung Deutschlands unterbringen könnte, drücken den Markt. Zum Glück für die globalen Finanzmärkte ist China finanziell abgeschottet und der Immobilienmarkt wegen strenger Kapitalkontrollen eine fast rein chinesische Angelegenheit. Das heißt, Evergrande, Fantasia & Co. sind national begrenzte Stabilitäts- und Kreditrisiken. Dramatisch wären allerdings die sozialen Folgen eines Evergrande- und Fantasia-Konkurses: Nicht nur viele Arbeitsplätze gefährdet, sondern auch die Vorauszahlungen von Wohnungskäufern, die Ansprüche von Baufirmen und Lieferanten und nicht zuletzt die Ersparnisse privater Kleinanleger, denen hochriskante Anlageprodukte angedreht wurden, sind gefährdet.

Die KP-Chefs werden ihre drei roten Linien sicher nicht unflexibel verteidigen und keine systemischen Risiken hinnehmen. Aber auch wenn der Immobilienmarkt weich landet, wird die unausweichliche De-Immobilisierung der Volkswirtschaft eine lange Bremsspur bei Wirtschaftswachstum und Auslandsnachfrage hinterlassen. Für die Weltwirtschaft und speziell für das export­orientierte Deutschland ist das bedrohlich. Es zeigt sich wieder, daß sich Deutschland und Europa in jeder Hinsicht viel zu abhängig von China gemacht haben.






Prof. Dr. Stefan Kofner lehrt Immobilien- und Bauwirtschaft an der Hochschule Zittau/Görlitz.