© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/21 / 08. Oktober 2021

Frisch gepreßt

Wolfschanze. Zwei museumspädagogisch versierte Berliner Geschichtspolitiker, Johannes Tuchel (Gedenkstätte Deutscher Widerstand) und Uwe Neumärker (Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas), bieten in ihrem Bildband, an dessen Zwischentexten sie stilistisch ruhig noch hätten feilen sollen, die Chronik von Adolf Hitlers „Führerhauptquartier Wolfschanze“. In einem Wald nahe der ostpreußischen Kleinstadt Rastenburg gelegen, von Beginn des Rußlandfeldzuges im Juni 1941 bis zum November 1944 genutzt, war der weitläufige Bunker- und Barackenkomplex während des Krieges die „Macht- und Führungszentrale des NS-Staates“. Als „historisch bedeutsamer Ort“ ist dieser aber eher durch das mißglückte Attentat vom 20. Juli 1944 im kollektiven Gedächtnis verankert. Die Verfasser hingegen verschieben den Schwerpunkt aber eher in Richtung „Tatort“, weil hier welthistorische Entscheidungen über die deutsche Kriegführung, die Besatzungspolitik und, in einer weichenstellenden Besprechung zwischen Hitler, Himmler und Heydrich am 25. Oktober 1941, den Massenmord an den europäischen Juden gefallen seien. Der erste Teil ihres Werkes bettet daher die Chronik der „Wolfschanze“ in den Kontext des Zweiten Weltkrieges ein, und erst der zweite Teil, eine Collage aus Fotos und faksimilierten Dokumenten, ist dem Attentatsversuch Claus Schenk Graf von Stauffenbergs gewidmet. Neues wolle man damit nicht vermitteln, sondern mit der Vergegenwärtigung des „Tatortes“ eine „kritische Diskussion“ anregen. (ob)

Johannes Tuchel, Uwe Neumärker: Der 20. Juli 1944 im „Führerhauptquartier Wolfschanze“, Lukas Verlag, Berlin 2021, broschiert, 374 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro





Europas Grenzen. Migrationswellen in Richtung Europa kamen in der Historie immer wieder vor, zuletzt 2015. Herbeigeführt werden sie meist durch Konflikte außerhalb des Kontinents. Wie sich die Spannungen vor Ort darstellen, hat Achim Engelberg analysiert. Der Journalist, der unter anderem für die Neue Zürcher Zeitung schreibt, ergänzt dabei seine persönlichen Reportagen und Reiseerfahrungen durch historische Fakten sowie literarische Anekdoten. Der 56jährige behandelt auch die Auswirkungen von Flucht an den Grenzen des Kontinents. Engelberg thematisiert dabei nicht nur die europäische Sicht auf Einwanderung, sondern auch das Leid mancher Flüchtlinge. Er sieht Handlungsbedarf: „Von der Verteilung von Schutzsuchenden über eine Erweiterung der Möglichkeiten von Einwanderung und schnellen Bildungsangeboten für Ankommende bis hin zu drastischen Einschränkungen von Waffenexporten“. (es)

Achim Engelberg: An den Rändern Europas. Warum sich das Schicksal unseres Kontinents an seinen Außengrenzen entscheidet. DVA, München 2021, gebunden, 288 Seiten, 22 Euro