© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/21 / 08. Oktober 2021

Corona bleibt kein Einzelfall
Fraunhofer-Forscher wollen bei der Impfstoffproduktion mit den neuen Viren Schritt halten
Dieter Menke

Globalisierung und Klimawandel lassen tropische Moskitos auch in Deutschland heimisch werden. Damit wächst die Gefahr von Zoonosen, also von Krankheitserregern, die vom Tier auf den Menschen überspringen. Das West-Nil-Virus ist mit der Tigermücke aus dem Mittelmeerraum kommend, bereits südlich des Mains und westlich des Rheins omnipräsent. Jüngst erreichte es den Raum Halle-Leipzig sowie Südbrandenburg.

Im Sommer 2020 mußten elf Patienten mit hohem Fieber, Erbrechen und Erschöpfung in der Leipziger Uni-Klinik behandelt werden. In diesen Fällen war nicht einmal ein Stich der Tigermücke für die Virusinfektion erforderlich, es genügte die Berührung mit einer heimischen Mückenart. Ein Impfschutz dagegen fehlt, ebenso wie gegen Zika, Dengue und Malaria, die gegenwärtig vereinzelt in Südeuropa auftreten (Fraunhofer Magazin, 2/21).

Derzeit gibt es 1,6 Millionen verschiedene Viren, die in Säugetieren und Vögeln zirkulieren. Knapp die Hälfte davon hat das Potential, Menschen zu infizieren. Experten rechnen daher damit, daß der Vormarsch tropischer Mückenarten der Gattung Aedes zum rapiden Anstieg von Virenerkrankungen in Nord- und Mitteleuropa führt. Corona werde kein Einzelfall bleiben. Darin sind sich Impfstoffexperten, Toxikologen und Bioverfahrenstechnikern der Fraunhofer Vaccine Technologics einig. Dieser Forschungsverbund, 2020 als Reaktion auf die Corona-Pandemie entstanden, koordiniert die Anstrengungen, Impfstoffe schneller verfügbar zu machen, Vakzin-Kandidaten zügig in die klinische Prüfung zu bringen, Fertigung und Verpackung zu optimieren und massentauglich zu machen.

Gerade die neuen mRNA-Impfstoffe gegen Sars-Cov-2 von Pfizer-Biontech und Moderna gelten als Hoffnungsträger auch im Kampf gegen Viren wie Zika, Dengue & Co. Doch schon das Abfüllen des mRNA-Vakzins ist keine leichte Aufgabe. Hier hat Corona peinliche Schwächen aufgedeckt. Hunderte Millionen Injektionsfläschchen aus Glas wurden benötigt, doch die Herstellungskapazitäten reichten dafür nicht aus.

Am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) experimentiert man deshalb mit Polymer-Ampullen, die sich schneller, kostengünstiger und zudem, wichtig für den Transport, bruchsicher fertigen lassen. Das Problem: Der Kunststoff darf nicht mit dem Impfstoff reagieren und ihn so unbrauchbar machen. Eine schützende Beschichtung, an der noch gearbeitet wird, könnte die Lösung sein. Bewährt sie sich in der Praxis, wäre dies ein Teilerfolg der Strategie, bei der Vakzin-Produktion „wesentlich schneller“ zu werden, um auch mit kommenden Viren Schritt zu halten.

 www.izi.fraunhofer.de

Foto: Injektionsfläschchen mit Spritze: Erste Experimente mit neuen Polymer-Ampullen