© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/21 / 08. Oktober 2021

Kabinenklatsch
Einheimische nicht am Ball
Ronald Berthold

Bei den Europapokal-Abenden versammeln sich die Fans einer ganzen Nation hinter den Vertretern ihres Landes. Ich halte, wie die meisten Deutschen, zu den Bayern, auch wenn viele von uns ihnen in der Bundesliga die Krätze an den Hals wünschen. Selbst Schalke-Fans wollen dann den BVB siegen sehen. Und die Spanier stehen einig hinter dem sonst teils verhaßten Real Madrid. In letzter Zeit frage ich mich: warum eigentlich?

Schließlich spielt kaum noch ein Einheimischer in den großen Klubs. Beim Salzburger Brauseklub RB Leipzig stand vergangene Woche nur ein einziger Deutscher in der Startelf gegen Brügge. Bei Dortmund gegen Lissabon waren es zwei. Noch erbärmlicher also als beim Neureichenduell der verkauften Seelen zwischen Manchester City (Abu Dhabi) und Paris St. Germain (Katar) mit drei Engländern und zwei Franzosen.

Gibt es denn gar keinen Silberstreif? Nun checkte ich auch andere Klubs auf ihre nationale Identität. Ergebnis: Bei Reals sensationeller Niederlage gegen Sheriff Tiraspol kämpfte nur ein Spanier für die Madrilenen. Gut, wenigstens auf der Gegenseite dürften doch Moldauer zu finden sein, dachte ich mir. Weit gefehlt: Dort kickte gar kein Einheimischer.

Immerhin wurde ich bei Besiktas Istanbul fündig – gleich sieben Türken liefen in Amsterdam gegen Ajax auf. Der holländische Meister brachte es immerhin auf vier Niederländer. Und die Bayern? Sie halten die deutsche Fahne hoch. Sieben Münchner, die gegen Kiew in der Startelf standen, sind für die Nationalelf spielberechtigt. Es geht also doch! Als Herthaner, der sich jedes Jahr einen anderen Meister als die Bayern wünscht, drücke ich dem Klub international weiter die Daumen.