© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/21 / 15. Oktober 2021

Inflation in Deutschland notwendig für die globale Klimarettung?
Die grüne Rechnung kommt
Jörg Fischer

Strom, Heizen und Sprit 14,3 Prozent teurer als vor einem Jahr? Dennoch war die Inflation für die potentiellen Koalitionäre im Wahlkampf kein Thema. Bei Grünen und FDP ist das nicht überraschend: Ob die Tankfüllung nun 65 oder 80 Euro kostet, ist der Lastenradfahrerin ebenso egal wie dem Firmenwagenlenker. Manche glauben noch, die SPD verhindere das Schlimmste für die kleinen Leute. Doch Katarina Barley, seit 2019 Vizepräsidentin des EU-Parlaments, hat nun Klartext geredet: „Die beste Kilowattstunde ist die, die man nicht verbraucht“, sagte die ehemalige Familienministerin in der ARD-Sendung „Hart aber fair“. 

Wenn man sich neue Fenster habe einbauen lassen oder gedämmt habe, könne man doch sagen: „Jede Stunde, die jetzt teurer ist, habe ich mehr gespart.“ Das klinge „etwas zynisch, aber das ist nicht so gemeint“, so das einstige Mitglied der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion. Noch ehrlicher war kurz zuvor Marcel Fratzscher. „Neben der Stagflation gewinnt die Diskussion um eine sogenannte ‘Grüne Inflation’ an Bedeutung. Vor allem die Preise für Energie schießen durch die Decke“, gestand der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Handelsblatt ein. Doch das sei unvermeidlich: „Einerseits wollen fast alle mehr Klimaschutz. Anderseits wird jetzt über erhöhte Energiepreise und Inflation geklagt, weil CO2 besteuert wird“, so der als SPD-nah geltende Berliner Ökonomieprofessor. 

Aber das sei nun einmal „der wirtschaftliche Mechanismus des Klimaschutzes: Preise sollen das schädliche Verhalten von Unternehmen und Menschen – beispielsweise der Verbrauch fossiler Energiequellen – in Zukunft besser widerspiegeln“, erläuterte Fratzscher. Ein gewisses Maß an „Grüner Inflation“ sei daher richtig und notwendig: „Die Preise für klimaschädliches Verhalten müssen steigen, um Anreize für Innovationen und alternative, ultimativ klimaneutrale Wirtschaftsprozesse zu setzen.“ Aber er hat immerhin einen Trost parat: „In D-Mark-Zeiten lag die Inflationsrate in den Jahren 1957 bis 1998 im Durchschnitt bei 3,1 Prozent.“ Daß die Sparzinsen damals regelmäßig über der Geldentwertung lagen, verschweigt der DIW-Chef. Und: 14,3 Prozent Energieinflation sind sicher nicht das Ende der rot-grün-gelben Fahnenstange.