© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/21 / 15. Oktober 2021

Die gelbe Post soll grün werden
„Klimafreundlicher Briefdienst“: Den Preis für die Umstellung der Deutschen Post auf elektrische Zustellfahrzeuge zahlen die Kunden
Paul Leonhard

Die Deutsche Post konnte im Corona-Jahr 2020 ihren Umsatz gegenüber 2019 um 4,5 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro steigern. Geschafft hat das der Konzern vor allem wegen einer saftigen Portoerhöhung. Und da der Gesetzgeber die nächste Drehung an der Preisschraube für 2022 gewährt, sollen zum 1. Januar Briefe um fünf Cent, Postkarten sogar um zehn Prozent teurer werden.Diese Maßnahme reiche noch nicht einmal aus, um die höheren Kosten bei sinkenden Sendungsmengen auszugleichen, heißt es seitens der Post.

Bei den Preiserhöhungen geht es aber nicht nur um den Mengenrückgang, denn Großkunden erhalten weiterhin saftige Rabatte. Auch liegt die Ursache nicht allein bei der Inflation von 3,25 Prozent oder den Tariferhöhungen für die 155.000 Beschäftigten im Post- und Paketdienst. Der wahre Grund für die Preisanpassung ist folgender: Die gelbe Post soll grün und der Kunde für einen „klimafreundlicheren Briefdienst“ zur Kasse gebeten werden. Gemeint sind damit nicht die tagtäglich außer sonntags kräftig in die Pedale tretenden Zusteller, sondern Investitionen in einen „klimaschonenden“ Transport, namentlich Elektrofahrzeuge. Und da hat das Unternehmen kräftig Miese gemacht, seit es 2014 das Aachener Elektro-Transporter-Startup „Streetscooter“ erworben hat, um seine Zustellflotte nach den Vorstellungen der Bundesregierung zu elektrifizieren.

Entwickelt werden sollten eigene, speziell für die Zulieferungen in Großstädten geeignete Fahrzeuge mit Blick auf das ständige Anfahren und Halten im Kurzstreckenverkehr. Wie von dem staatseigenen Konzern nicht anders zu erwarten, ging die Sache gründlich schief. Die Pläne stellten sich als unwirtschaftlich heraus, und die auf den Markt gebrachten Fahrzeuge machten vor allem mit einem Schlagzeilen: daß ihre Batterien erst rauchten, dann explodierten und die Fahrzeuge in Flammen aufgingen. Die Zahl solcher Vorkommnisse ist zwar überschaubar, das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete dennoch einen Rückruf für die Streetscooter-Modelle der Baujahre 2014 bis 2019 an.

Post besitzt größte deutsche E-Auto-Flotte

Die Post besitzt mit 15.000 Streetscooter-Fahrzeugen die größte deutsche E-Auto-Flotte. Nach den aufgetretenen Problemen wollte das Logistikunternehmen eigentlich von den Streetscootern mehr Abstand nehmen, seine Tochter zum Betreiber der Bestandsflotte reduzieren. Dann aber wurde die Produktion 2020 doch um ein Jahr verlängert. Parallel dazu dachte die Post über einen Verkauf der Sparte nach und führte angeblich auch mit mehreren chinesischen Interessenten Verhandlungen. Inzwischen scheint es so, als wäre mit der Odin Automotive ein Käufer gefunden.

Das Unternehmen wurde offenbar eigens für den Zweck, die Posttochter Streetscooter Engineering zu übernehmen, gegründet. Hauptgesellschafter ist nach einem Bericht der Welt der frühere BMW-Manager Stefan Krause. Hinter dem sollen als Gesellschafter der Finanzexperte Djamal Attamimi vom indonesischen Kohleminenkonzern Toba Bara sowie der Unternehmer Matthew Paul Richards vom indonesischen Telekommunikationsunternehmen Trikomsel Oke stehen. Die Deutsche Post will ihre E-Flotte bis 2025 auf 37.000 Fahrzeuge und 14.000 dreirädrige elektrisch betriebene Lastenräder, sogenannte E-Trikes, ausbauen. Jedes Fahrzeug soll etwa vier Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr im Vergleich zu einem konventionellen Fahrzeug einsparen. Bis 2025 möchte das Unternehmen seine jährliche Abgasbilanz so um 150.000 Tonnen reduzieren.