© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Schandflecke auf dem Gewissen der Nation
Sexuelle Ausbeutung von Kindern: Bis heute laboriert England an der Aufarbeitung der Taten überwiegend pakistanischer Vergewaltiger-Gangs
Julian Schneider

Vor der Schule warteten Taxifahrer. Sie lockten die Mädchen in ihren Wagen. Die Kinder, oft aus ärmlichen, vernachlässigten Verhältnissen, fühlten sich geschmeichelt, wenn die Männer sie als „Lover“ umwarben. Kleine Geschenke, Alkohol, Zigaretten, Drogen machten sie gefügig. Dann gingen die Vergewaltigungen los. Reihum wurden die Mädchen zur Prostitution gezwungen und an Dutzende Männer verkauft, geschlagen, gefoltert, mit dem Tod bedroht und eingeschüchtert, wenn sie aussagen wollten. Mädchen, die schwanger wurden – einzelne waren nur zwölf Jahre alt–, zwangen die Täter zur Abtreibung. Polizei und Stadtverwaltung schauten weg; sie glaubten den Mädchen nicht, wenn sie mal eine Zeugenaussage wagten. 

Seit den späten 1980ern bis in die frühen 2010er Jahre sind dem systematischen Mißbrauch allein in der nordenglischen Stadt Rotherham nach Schätzungen der National Crime Agency mehr als 1.500 Jugendliche zum Opfer gefallen, davon mindestens 1.300 Mädchen und etwa 200 Jungen. „Was diesen Kindern geschehen ist, bleibt einer der größten Schandflecke auf dem Gewissen unserer Nation“, sagt die britische Innenministerin Priti Patel. 

In Telford sollen im Frühjahr 2022 Untersuchungsergebnisse vorliegen

Die vielen Fälle der „Sexuellen Ausbeutung von Kindern“ (Child sexual exploitation, CSE) stehen für die fatale Melange aus einer falschen Politischen Korrektheit und von „Rassismus“-Vorwürfen. Denn das Versagen der Behörden resultierte auch daher, daß sich Politiker scheuten, die Probleme klar zu benennen und zu untersuchen, weil der größte Teil der Täter aus Immigrantenmilieus mit Wurzeln in Pakistan kam.

Rotherham steht nicht allein: In Rochdale nahe Manchester, in Bradford und Huddersfield bei Leeds, Telford nahe Birmingham und sogar in einem Oxford-Vorort sind ebenfalls Banden aufgeflogen, die systematisch Kinder mißbraucht, vergewaltigt und verkauft haben, zusammen viele Hunderte. 

Etwa zwei Dutzend Täter wurden inzwischen zu Gefängnisstrafen verurteilt, zu den Haupttätern gehören mehrere Brüder und Onkel des Hussain-Clans, andere tragen Namen wie Ramzan, Razaq oder Ali. Es laufen noch Ermittlungen gegen weit über hundert Verdächtige. So müssen sich Yasir Iqbal H., Azad Akram R. und Faisel H. vor dem Sheffield Crown Court verantworten, zwei Schulmädchen zusammen sexuell mißbraucht zu haben.

Bis heute tobt ein Kampf um die Interpretation der Taten. Angaben der BBC zufolge soll ein Bericht über die sexuelle Ausbeutung von bis zu 1.000 Mädchen in Telford erst im Frühjahr nächsten Jahres veröffentlicht werden. Der Vorsitzende der CSE-Untersuchungskommission Thomas Crowther hatte erst jüngst erklärt, daß Teile des Berichts noch vor Weihnachten an die wichtigsten Interessengruppen, von denen Einzelpersonen oder Organisationen kritisiert werden, weitergegeben werden sollen. Der Bericht werde „ein Bild davon vermitteln, wie sich die Fälle von CSE im Laufe der Jahre verändert haben“, betonte der ehemalige Richter. 

Parallel, so die BBC, habe Crowther bei der letzten Sitzung der CSE-Untersuchung 164 Zeugen befragt. Dabei hätten sich zwölf ehemalige Mitarbeiter der Stadtverwaltung und 17 ehemalige Polizeibeamte oder -mitarbeiter entschieden, die Untersuchung „nicht zu unterstützen“. Crowther betonte, das angestrebte Veröffentlichungsdatum „im Frühjahr nächsten Jahres“ sei „weiter entfernt, als er gehofft habe. Aber allein in den vergangenen Wochen seien weitere wichtige Materialien und Zeugen aufgetaucht.


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