© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Der Wirecard-Jäger schießt wieder
Immobilienkonzern Adler Group: Laut einer Studie betrügt und täuscht das Unternehmen seine Anleihengläubiger
Martin Krüger

Ein Trommelfeuer an Vorwürfen richtet sich gegen den Immobilienkonzern Adler Group. Nach Wirecard und Grenke hat der Shortseller Fraser Perring jetzt sein neues Ziel. Passend zur „James-Bond“-Premiere heißt die 61 Seiten umfassende Studie des Briten „Bond-Bösewichte“. Darin wirft Perring Adler Betrug und Falschdarstellungen zu Lasten von Bondholdern, also Anleihegläubigern, vor. Prompt brach die Adler-Aktie um 30 Prozent ein.

In gewohnter Manier wird Perring deutlich. Der Konzern sei eine „Brutstätte für Betrug, Täuschung und finanzielle Falschdarstellung“, der das Ziel habe, seine „wahre Finanzlage zu verschleiern“, welche angeblich düster sei. 

Österreichischer Unternehmer soll Drahtzieher sein 

All das geschehe, damit sich „Schatten-Direktoren und Verbündete systematisch bereichern“ könnten – zum Schaden der Bondholder und der Aktionäre. Für Adler habe es Methode, besser kapitalisierte Unternehmen zu kaufen, ihnen Schulden aufzudrücken und über intransparente Transaktionen Geld abzuziehen. 

Hinter diesem System stehe der österreichische Unternehmer Cevdet Caner, der mit seiner Firma Level One eine der größten Immobilienpleiten in Deutschland zu verantworten hat. Dessen Familie sei Hauptaktionär der Adler Group über ein Unternehmen namens „Mezzanine IX Investors“ mit Sitz in Luxemburg. Gegenüber der Welt am Sonntag bezeichnete Caner die Vorwürfe jedoch als „pure Verleumdung“.Überdies hält Perring den Immobilienbestand für um 2,36 Milliarden Euro zu hoch bewertet. Hinzu komme ein Verschuldungsgrad von 87 Prozent, der die Rückzahlung von Anleihen unmöglich mache. Laut dem Finanzinformationsdienst Bloomberg handelt es sich um einen Schuldenberg von nominal mehr als acht Milliarden Euro. 

Auch die Boulevardpresse greift das Thema Adler auf. Die Berliner B.Z. schrieb Anfang Oktober, daß die „Immobilienfirma ihre Planungen für den Steglitzer Kreisel immer weiter maximierte. Gleichzeitig kamen die Bauarbeiten zum Stillstand. Wohnungskäufer sollen unter Druck gesetzt worden sein, immer weiteren Leistungsverzichten zuzustimmen.“ 

Beschuß gibt es auch von der Hamburger Morgenpost. Nach mehreren Weiterverkäufen habe sich der Wert des Areals der ehemaligen Holsten-Brauerei auf ominöse Weise von 150 Millionen auf 320 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Das Bezirksamt Hamburg-Altona schloß mit dem letzten Käufer, der Adler Group, eine Vereinbarung, nach der diese 1.200 Wohnungen bauen sollte, von denen 365 öffentlich gefördert würden. Der Immobilienkonzern durfte dafür eine schnelle Baugenehmigung erwarten. Adler erklärte das einst sogar zum „Meilenstein“ der Stadtentwicklung. Im kommenden Jahr sollte Baubeginn und 2026 Fertigstellung sein. Doch bislang tut sich nichts. Der Slogan auf der städtischen Internetseite, „Holstenareal neu denken“, könnte jetzt eine bitter, neue Bedeutung erlangen. 

Die Adler Group dementiert alle Vorwürfe und verweist auf institutionelle Kaufangebote für Teile des Immobilienbestandes. 15.000 Wohneinheiten würden an das Wohnungsunternehmen LEG Immobilien im Wert von rund 1,5 Milliarden Euro verkauft und damit werde der Verschuldungsgrad gesenkt. Zudem soll auch kein Sonderkündigungsrecht der Anleger für die Anleihen bestehen. Perring widerspricht. Aufgrund des von ihm berechneten Verschuldungsgrades dürfen die Investoren auf die entsprechenden Anleihebedingungen verweisen und jetzt ihr Geld zurückfordern. Genau dazu sei die Firma laut dem Shortseller aber nicht in der Lage. Adler schaltet nun externe Prüfer ein, um die Vorwürfe des Leerverkäufers mit Blick auf die Bilanz prüfen zu lassen.

Studie „Bond-Bösewichte“: viceroyresearch.org