© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Blick in die Medien
Facebooks Liste
Tobias Dahlbrügge

Facebook führt eine bislang geheime Liste von Personen und Organisationen, die der BigTech-Konzern für „gefährlich“ hält. Das US-Magazin The Intercept hat diese Liste veröffentlicht. Sie enthält neben Terrormilizen und Drogenkartellen auch manche Kuriosität.

Die rund viertausend Einträge sind in vier Kategorien sortiert: Terror, Verbrechen, militante Gruppen und Haß, sowie aufgeteilt in Individuen und Organisationen. Zu den „militanten Gruppen“ zählen beispielsweise bewaffnete Bürgerwehren; zu den Organisationen der Kategorie „Haß“ gehören überwiegend Musikbands. Allerdings so gut wie ausschließlich aus dem (mutmaßlich) rechtsextremen Spektrum: Feine Sahne Fischfilet und die Antifa sind demnach keine Haß- und Gewalt-Organisationen. Allerdings wird an einer Stelle tatsächlich eine „Anti-Trump Militia“ als gefährlich aufgeführt.

Martin Sellner von der IB landet kurzerhand neben Warlords und Drogenbaronen.

Konsequenterweise fallen Hamas und Hisbollah unter Facebooks Terror-Kategorie. In der Spalte der Personen mit Terror-Hintergrund finden sich fast ausschließlich arabische Namen.

Bei den Personen, die mit Facebooks Haß-Definition assoziiert werden, findet sich ein buntes Sammelsurium, von Adolf Hitler über Karl-Heinz Hoffmann bis zum Langzeitaktivisten Christian Worch. Der Identitäre Martin Sellner landet gleich unter Warlords und Kokain-Baronen – so einfach geht das, Behörden sind nicht beteiligt.

Hier scheint Facebook mit dem ganz großen Schleppnetz zu fischen. Unter den Personen sind Tote, wie der letztens verstorbene „SS-Siggi“, und auch unter den Bands viele, die längst nicht mehr existieren. Die „Sturmabteilung“ ist mit dem Zusatz „Hate“ und dem Aktionsfeld „global“ eingetragen. Bei den gelisteten Individuen findet sich auch ein Michael Brück (Partei Die Rechte). Was geschieht bei so einem Allerweltsnamen bei zufälliger Namensgleichheit eines unbescholtenen Nutzers?

Digital-Bürgerrechtler kritisieren die Liste als problematisch für die Meinungsfreiheit, weil Facebook auch keine Diskussionen über die erfaßten Namen zuläßt und ein Privatunternehmen entscheidet, wer gefährlich ist und wer nicht.