© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Frisch gepreßt

Kraft der Kultur. 57 Regisseure, Musiker, Schriftsteller und Schauspieler haben die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, der Publizist Jörg Bong, der Senator für Kultur und Medien in Hamburg, Carsten Brosda (SPD), und die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission Gesine Schwan versammelt, um „Interventionen für die Kultur“ zu verfassen. Mit ihrem Buch „Kann das wirklich weg?“ wollen sie angesichts der Corona-Krise „Impulse“ geben, wie „wir uns die Bedeutung und die Kraft der Kultur aufs neue scharf ins Bewußtsein rufen“ können – von DJ Hell bis Wim Wenders, von einem mehrseitigen Dialog bis zu einem einzigen O-Ton-Satz. Vieles bleibt dabei abstrakt, zu allgemein oder begnügt sich mit dem persönlichen Kunstverständnis. Konkrete Erfahrungen, Folgen, Probleme des Corona-Chaos – und dessen Verantwortliche – bleiben zu oft im dunkeln; so wie die genaue Stoßrichtung vieler Plädoyers. Mehr Geld, mehr Vielfalt sind noch die klarsten. Daß zwei SPD-Politiker zu den Herausgebern gehören, ist vielleicht eine Erklärung dafür, daß die Mitschuld der Politik an den angeprangerten „gesellschaftlichen Verwundungen durch die Pandemie“, die sich durch ihre teilweise widersprüchliche oder unnütze Regulierungen während der vergangenen anderthalb Jahre auszeichneten, kaum erwähnt wird, aber stattdessen vor einem Druck von rechts gewarnt wird. (gb) 

Marion Ackermann, Jörg Bong, Carsten Brosda, Gesine Schwan (Hrsg.): Kann das wirklich weg? 57 Interventionen für die Kultur. Ch. Links Verlag, Berlin 2021, broschiert, 240 Seiten, 20 Euro





Klimawandler. Der Mensch formt sich seine Welt – auch im ganz großen Maßstab. Diese Idee unterstreicht die New-York-Times-Journalistin und Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Kolbert in ihrem neuen Buch „Wir Klimawandler – Wie der Mensch die Natur der Zukunft erschafft“. In zahlreichen Episoden lädt die US-amerikanische Bestsellerautorin dazu ein, eine andere Perspektive auf Umweltschutz und Klimawandel einzunehmen, den sie mit Verve beklagt und für das Anthropozän, das Erdzeitalter des Menschen, schlimmer als Umweltzerstörungen oder das Artensterben kategorisiert. Was ist, wenn wir die Natur mit unseren Handlungen nicht zerstören, sondern nur verändern? Dieses Gedankenexperiment führt auf ein kurzweiliges Leseerlebnis. „Welche Kennzahl man auch nehmen mag, jede erzählt die gleiche Geschichte. Mittlerweile haben die Menschen über die Hälfte der eisfreien Landflächen der Erde – gut siebzig Millionen Quadratkilometer – unmittelbar und die Hälfte der übrigen Fläche mittelbar verändert.“ Wer nach Vernunft in der allgemeinen Klimahysterie sucht, darf sich durchaus an Kolberts sachliche Ausführungen halten. (fw)

Elizabeth Kolbert: Wir Klimawandler – Wie der Mensch die Natur der Zukunft erschafft. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, gebunden, 240 Seiten, 25 Euro