© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Frisch gepreßt

Welt im Lockdown. Ein Jahr. Zwölf Monate. Drei Präsidenten. Und ein historisches Ereignis ohne Vorbild. „Wenn es ein Wort gibt“, so beginnt der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze sein jüngstes Werk, „das die Erfahrung des Jahres 2020 zusammenfaßt, dann wäre es Unvorstellbarkeit.“ Denn zwischen dem 20. Januar 2020 – dem Eingeständnis des Ausbruchs einer Epidemie seitens des chinesischen Präsidenten Xi Jinping – und dem 20. Januar 2021 – dem Abgang von Donald Trump und der Amtseinführung Joe Bidens als US-Präsidenten –  hatte sich die Welt grundlegend geändert: Die Staaten entschieden sich, „kollektiv“ in den Lockdown zu gehen. Auf dem Globus verzeichneten in der Folge 95 Prozent der Volkswirtschaften einen Rückgang des Pro-Kopf-BIP. Dazu wurden mehr als drei der bald acht Milliarden Menschen auf dem Planeten in Zwangsurlaub oder Home-Office geschickt. Wer wann wo und unter welchen Umständen diesen verhängnisvollen Krampf der globalen Wirtschaft auslöste, der uns noch lange beschäftigen wird, das sucht der nicht erst seit seinem letzten Buch, „Crashed. Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben“, vielgelobte Geschichtsforscher nachzuzeichnen. (mp)

Adam Tooze: Welt im Lockdown. Die globale Krise und ihre Folgen. C. H. Beck, München 2021, gebunden, 408 Seiten, 26,95 Euro





Antifa. Daß die österreichische Autorin Natascha Strobl im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und anderen Medien als Expertin für Rechtsextremismus herangezogen wird, obwohl ihre Berührungsängste zur Linksextremistenszene eher unterkomplex waren, hatte 2020 bereits der Welt-Kolumnist Don Alphonso detailliert herausgearbeitet. Strobls publizistischer Karriere konnte das freilich wenig anhaben. Im Gegenteil. Veröffentlichte sie einst im kleinen Antifa-Verlag namens Unrast, so hat es ihr aktuelles Werk „Radikalisierter Konservatismus“ schon in die renommierte Edition Suhrkamp geschafft. Der Inhalt? Ein auf 150 feinst gegenderten Seiten aufgepumptes Autonomen-Flugblatt. Die Geschichte des Konservatismus, warum der nach dem Ersten Weltkrieg schlimm und danach noch schlimmer wurde und jetzt wieder ganz schlimm ist. Pech für Strobl, daß der von ihr zum „Alpen-Trump“ hochgejazzte Sebastian Kurz nach Drucklegung politisch in den Sackerl hauen mußte. Es hatte die Autorin immerhin viel Tinte gekostet, sich an ihm abzuarbeiten. Am Ende gibt sie uns dafür eine aufgewärmte Dimitroff-Theorie mit auf den Weg. Die Linke muß endlich nicht nur die Symptome (Faaaaaschismuuuus!!!) bekämpfen, sondern auch den Kapitalismus überwinden. „Und dafür lohnt es sich zu kämpfen.“ Na, dann. (vo)

Natascha Strobl: Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, broschiert, 192 Seiten, 16 Euro