© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Kuppelinschrift des Humboldt-Forums
Zeichen des Widerspruchs
Christian Rudolf

Gegen die Bibelzitate in der Kuppelinschrift des als Humboldt-Forum wiederaufgebauten Berliner Stadtschlosses schießen Presse, Politik und Kulturszene, kaum daß die Worte aus Apostelgeschichte und Philipperbrief vor anderthalb Jahren wieder sichtbar wurden. Eigentlich ein schöner Beweis für die Wahrheit der offenbarten Religion, daß der Auferstandene unaufhörlich Widerspruch erfährt; denn an Hirngespinsten arbeitet man sich nicht ab.

Nun, da die Dachterrasse freigegeben wurde und Besucher ganz aus der Nähe Bekenntnis und Gotteslob aus einer Zeit lesen können, da Europas Identität ganz selbstverständlich christlich war, beeilt sich die Betreiber-Stiftung, von der historischen Formulierung abzurücken. Von dem „Alleingültigkeits- und Herrschaftsanspruch“ des Christentums distanziere man sich ausdrücklich, faseln die Verantwortlichen.

Gestattete nicht gerade erst eine weitere deutsche Großstadt den Muezzinruf, der eine einzige Beleidigung des dreifaltigen Gottes ist, dazu ein krasser Herrschaftsanspruch der Mohammedaner über das Abendland? Das Humboldt-Forum will dem Dialog mit den Kulturen der Welt dienen, natürlich zeitgeistig-affirmativ, aber mit der Toleranz gegenüber der eigenen Herkunftskultur sieht es ganz mau aus. Dabei machte geistesgeschichtlich erst das Christentum eine wohlwollende Auseinandersetzung mit fremden Kulturen und Kulten möglich. Und die Freiheit, seinen Herrn und Erlöser nicht ernst zu nehmen, gewährt auch nur das Christentum. Da mal drüber nachdenken.