© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/21 / 29. Oktober 2021

Mathias Döpfner unter Beschuß
Feige nachgetreten
Nicolaus Fest

Inzwischen ist die Causa Reichelt zur Causa Döpfner geworden. Beide Fälle verbindet die Verschwommenheit des Vorwurfs. Der Bild-Chefredakteur wurde gefeuert, weil er einvernehmliche Beziehungen zu erwachsenen Redakteurinnen unterhielt, die davon Vorteile hatten. MeToo stellt man sich irgendwie anders vor. 

Und Döpfner steht unter Beschuß, weil er es wagte, die Verhältnisse der Bundesrepublik mit denen der DDR zu vergleichen. Das war selbstredend dumm. „Framing Manuals“ des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Beseitigung des Parlamentarismus per Ministerpräsidentenrunde, Einschränkung der Versammlungs- und Reisefreiheit, Bedrohung von Allesdichtmachern mit Berufsverboten oder brutale Polizeieinsätze gegen friedliche Demonstranten sind heute Ausweise eines demokratischen Gemeinwesens. Das hätte der Springer-Chef wissen müssen. 

Mathias Döpfner geschieht Unrecht – und auch nicht. Zwar sind die Vorwürfe gegen ihn absurd. Doch wie er – wichtig-wichtig „auf dem Weg nach Washington“ – im Selfie-Video gegen Julian Reichelt nachtrat und über dessen Beziehungsreigen informierte, war jenseits aller Worte. Körperlich ein Riese, charakterlich ganz sicher nicht.






Nicolaus Fest war stellvertretender Chefredakteur der „Bild am Sonntag“. Seit 2019 sitzt er für die AfD als Abgeordneter im Europaparlament.